Wohnrecht

Auf dem Bild sieht man einen Sadhu (sowas wie ein Mönch), der sich in einem der für die Öffentlichkeit gedachten Pavillons eingenistet hat. Das ist immer ein schleichender Vorgang, der von vielen Dingen abhängt. Erst kommt der Sadhu an, keiner kennt ihn, er sitzt bescheiden herum und versucht, einen möglichst guten Eindruck zu machen, damit ihn keiner verscheucht, wenn er ein paar Tage und Nächte da zu sehen ist. Meistens breiten sie dann ihre Tücher und darauf die heiligen Bücher aus, um zu signalisieren, mit was sie beschäftigt sind. Das dauert dann eine Weile, und wenn es gutgeht, kommt der nächste Schritt. Es ist kalt in der Nacht, so verhängt er eine Seite mit Tüchern, um die er bittet. Schon wird’s gemütlicher. Wenn er keinen stört und nicht zuviel Unsinn redet, gewöhnt man sich an ihn und lässt ihn sein. Da er diesen super Platz am See behalten will, kann die Anstrengung, sich zu etablieren, Gutes in ihm und für ihn bewirken. Pilger kommen vorbei und geben ihm Münzen und Zeug zu essen, und bald hat er alles, was er braucht. Der Pavillon sieht nun aus wie ein kleines Wohnzimmer. Aber offiziell. Mein Weg hier hat auch ähnlich angefangen, war wirklich nur in Indien möglich und von westlicher Sicht aus kaum denkbar. Damals hatte ich mich entschieden, mein reich bestücktes Haus in Kathmandu zurück zulassen, um hier ein neues Leben anzufangen und gar nicht mehr zurückzukehren zu den Schätzen, um nicht von ihnen gebremst zu werden (Ahhh! Meine Collections!). Am Verbrennungsplatz, wo ich mich entschieden hatte zu wohnen, war ich einigermaßen gesichert, Auftritt Archetypus „Kali, weibliche, konventionssprengende Kraft, heißt: ich konnte meinen Weg dort alleine finden, geschützt von ihren hohen Ordnungen, die noch in Bewegung waren. Ich konnte eine Menge Erfahrungen sammeln, und irgendwie passte alles gut zusammen. Ich meinte es richtig ernst, das erkennen die Inder und schätzen es, und das schätze ich wiederum an ihnen. Sie beobachten und bilden sich ihre Meinung. Wenn die sich gebildet habenden Meinungen einigermaßen übereinstimmen, kann man bleiben, und eventuell kommen gute Ratschläge, wie man das Begonnene am besten meistert. Mir wurde dann irgendwann von Brahmanen ein Sadhu empfohlen, von dem ich die praktischen Dinges des Sadhu-Umfeldes erlernen konnte: die Handhabung des Feuerplatzes, der Umgang mit Kuhdang und Asche, das Aufnadeln von Blumenknospen zu einem Kranz (Rosen!) Man muss da lange still sitzen können und guter Dinge sein und bleiben. Der Tag ist lang und braucht nützliches Knowhow auf allen Ebenen. Deswegen ist es jetzt selten, dass man sie trifft, die Sadhus, mit denen man sitzen will. Sie können in der neuen Welt ihren Auftrag nicht mehr erfüllen und sind wie ein leeres Blatt, auf dem die Sorge steht um das nächste Essen. Heute bin ich froh, dass ich bereit war, alles von ihnen zu lernen, was möglich war. Dadurch kenne ich mich ganz gut aus und kann mit mir und meinen Inhalten ziemlich ungestört und freundlich durch das Seinsfeld wandern.

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