gut

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Seit April, also seit der lebensbedrohenden Diagnose, sind wir nun zusammen auf dieser Reise: wir vom Haus, und Ihr von dort draußen, die ihr genug gute Erfahrungen gemacht habt mit der nun Sterbenden, um die Energie aufzubringen, zu uns hierher zu kommen und „sie“ noch einmal zu sehen, oder zu hören und zu fühlen, bevor es in dieser Form nicht mehr möglich sein wird. Nun will sie sterben. Gut!, sagt Domniki, eine der hilfreichen Kräfte, mit der wir uns befreundet haben im Verlauf der vielen Lymphdrainagen. Und wir fühlen auch, dass es jetzt „gut“ ist, weil der Moment sich selbst erschafft. Man spürt, wenn genug wirklich genug ist. Das bringt Erleichterung und Klarheit in die Richtung, aber noch muss der Weg gegangen werden. Irgendwann verglüht die letzte Kohle am Lagerfeuer. Dann verschwindet die Wärme des Lichtes und die aufsteigende Kälte weht einen vom Fluss her an. Noch sind wir zusammen, aber bald wird Eine von uns alleine weitergehen. Ich muss es mir selbst sagen, damit ich verstehe, dass es nun soweit ist. Der Arzt empfiehlt Morphiumtropfen. Sie sollen den Körper entspannen und die Bewegung in das nächste Vorwärts erleichtern. Mir fällt auf, wie sehr unser Leben immer Hand in Hand geht mit dem Tod, aber das aktuelle Sterben ist doch ein sehr episches Ereignis, so radikal in seiner Eindeutigkeit, die wie nichts anderes das ganze gelebte Dasein auf dieser Erde in einem Punkt konzentriert: das Ich in seiner letzten erscheinenden Form. Der endgültige Auftritt im eigenen Drama, an dessen Script man im Leben Nu um Nu gearbeitet hat. Ich denke, sie ist ihrem eigenen Anspruch gerecht geworden, das sagt sie auch selbst. Ihr Lächeln ist schön.

 

* Bild: C.M.Brinker

 


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