esoterisch


Kiesel IV
Das Wort „esoterisch“ hatte sicherlich einst einen würdigen Klang, denn es weist ins Innen, dagegen ist nichts einzuwenden. Was Menschen, die angeregt sind oder dazu angeregt werden, ins Innere zu schauen, versuchen dann, sich mit Begriffen verständlich zu machen, so, wie man auch nach Worten angelt, wenn man einen starken Traum beschreibt. Wo ist überhaupt „innen“ in diesem mächtigen Körperreich, und was sieht und erlebt man da, wenn man sich dorthin aufmacht. Meist braucht man beim Beginn dieser Reise erst einmal ein geistiges Rückgrat, um unterscheiden zu können, was an all den angebotenen Innenschaus für mich selbst geeignet ist. Schon immer gab es geheime Schulen, die ein bestimmtes Wissen weitergeben und damit Eingeweihte erschaffen, die sich untereinander prächtig verstehen, eben weil sie beim Durchtüfteln des Unsichtbaren eine Sprache erschaffen mussten, die dem angeblich Gefundenen Rechnung trägt, das nennt man dann Geheimsprache. Überall, wo man viel glauben muss, ohne auf die ureigene Erfahrung hingewiesen zu werden, wuchert die Esoterik. Männer haben es dort besonders leicht, in hohe, niemals nachweisbare Rollen zu schlüpfen, denn sehr schnell haften sich an Machtliebende diejenigen, die von dieser angeblichen Macht auch ein Schlückchen haben möchten, nicht durch sich selbst, wohlbemerkt, sondern durch den Machthaber. Einmal habe ich mir eine Lupe geholt, um genau  d i e um einen Machthaber Herumstehenden genauer zu  betrachten, und man sieht um Kim Jong-un herum ähnlichen Gesichtsausdruck und Verhaltensweise wie um einen indischen Guru (z.B.). Zwischen Himmel und Hölle gibt es viel Käufliches, das in letzter Konsequenz einen hohen Preis hat, wenn man nicht gelernt hat, auf sich selbst aufzupassen, sodass man sich die jeweils angemessene Urteilskraft zutraut. Und wo oder wie lernt man das. Gestern kam Hilde zu Besuch, die wir alle nicht kannten, die aber über eine gemeinsame Bekannte gehört hatte, dass hier einem sehr kranken Menschen geholfen werden könnte. Sie brachte auch gleich etwas Werkzeug mit, eine Matte und einen Stab aus der Ceragem Gemeinschaft, die ich in Indien kennen gelernt habe, als ich mir dort einen ihrer Massagestühle anschauen wollte. Kaum saß Hilde, hörten wir schon (von ihr), dass sie von Geburt aus hellsichtig war, und dass sie, ihre Arme flogen öfters hoch in die Lüfte, alles von uns und jedem sehen könnte und auch heilen. Aufmerksam verfolgte sie jede Bewegung, um Stoff zu sammeln für ihre Prophezeiungen. Hilde hatte sehr, sehr viel gelitten, fühlte sich aber nun frei davon. Dankbar blickte sie in den Kosmos, wo die Eingebungen herkamen, direktemang an ihr vorbei. Jetzt geht mir leider der Atem aus, und ich fürchte, mir mit Hilde zu viel vorgenommen zu haben. Vielleicht hatte ich auch einfach Angst vor dem kleinen Sublimationshändchen, das sich an mein Steuerrad heranpirschte in der dumpfen Gewissheit, mir würde der eingegebene Kurswechsel guttun.

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