holy

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Mit mich selbst verblüffender Leichtigkeit habe ich zu dem (an sich) schwierigen Wort „heilig“ zurückgefunden, hinter dem vermutlich ein hartnäckiger Kindertraum sich verbirgt, angereichert mit Großem und Schönem und Leuchtendem, gerne auch ein Schwert in der Hand, mit dessen handwerklicher Präzision Gerechtigkeit ausgeteilt wird, Engel und Götter halt, Wohlwollendes im Sinn, wer braucht sowas nicht. In Indien wird dieses schwer zu Erringende mit tausenden von Jahren anhaltender Selbstverständlichkeit gehandhabt. Seife und Strichholzschachtel werden nicht ausgelassen, heilige Zeichen dürfen einfach auf allem draufsein, ja, was ist denn nicht heilig, ist die Botschaft, außerdem verkauft sich das mit den Göttern drauf besser. Eine Seite des Hauses, in dem ich wohne, geht auf den (heiligen) See hinaus, der trotz aller offensichtlichen Widrigkeiten unbedingt heilig bleiben muss, denn das Leben vieler Menschen hängt davon ab, dass hier an den Ufern alte Sachen erzählt werden dürfen, mit denen die Pilger glücklich nach Hause gehen. Sie haben es geschafft, sie haben das Bad genommen, das alle Sünden tilgt. Natürlich muss man zur richtigen Stunde zur Stelle sein, man muss glauben können, was man für möglich hält. Da fällt mir die kleine Anekdote ein, die ich neulich irgenwo gelesen habe: Satan geht mit seinem Disciple spazieren, da sehen sie, wie vor ihnen jemand etwas aufhebt. Was hat der da aufgehoben, fragt der Schüler den Meister. Ein Stückchen Wahrheit, antwortet Satan. Aber müssen wir uns da nicht fürchten, will der Disciple wissen. Nein, nein, beruhigt ihn Satan, nur ein bisschen warten, dann macht er einen Glauben draus. Gut, ich schaue also hinüber ans andere Ufer, wo meine Karriere als freiwillig Herumwandernde vor vielen Jahren begann, als ich tatsächlich wissen wollte, ob ich das Geheimnis des Göttlichen ergründen würden könne, meine Güte, da war viel Erfahrung möglich. Mit aller Leidenschaft, die mir zur Verfügung stand, habe ich mich an die Asche gesetzt und geschaut, ob aus ihrer Substanz ein Anfang entsteht, und ja, auch Asche kann Liebe sein, man muss sich nur einlassen.Will ich wirklich nochmal alles betrachten von diesem Fenster aus?
  • Photo: H. Robert

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