antwortslos

Mir ist aufgefallen, dass der Krieg, der nicht nicht zur Gewohnheit werden soll (sagt man sich bewusst oder unbewusst), geistig nur begleitet werden kann, wenn man nicht nur bei den leicht verfügbaren Informationen bleibt, sondern den Kriegs-Horizont noch etwas erweitert. Je größer das Ganze gefächert wird, desto mehr Menschen reihen sich ein in die Berichterstattung. Viel Historisches wird hervorgewälzt und neu erklärt und beschrieben. Man kann ja Bucha nicht als einen inneren Wohnort wählen, damit einem der Schrecken in den Gliedern bleibt über das, was Menschen anrichten, aber man muss es wissen. Zum Glück erlahmt das Interesse, ein Gehirn wie Putins zu ergründen, denn man konnte ja beobachten, dass es zu nichts führt. Und jeder Schrecken, den man zulässt, wird früher oder später eingeholt von den Ritualen des Alltags. Ich persönlich bin auch durch  mit einigen Fragen, die ich angebracht fand, aber die nicht unbedingt beantwortbar waren, und für manche wird es nie überzeugende Antworten geben. Die meisten auf die fragwürdige Existenz des Menschen bezogene Fragen kreisen um etwas herum, das unerklärlich bleiben muss, denn noch niemand hat es erklären können. Auch die Erkenntnis, dass die Erde rund statt flach ist, hat nichts zum Rätsel beigetragen, eben warum ein Wesen, Mensch genannt, auf ihr herumläuft. Und wer glaubt, es sei bewiesen, dass der Mensch vom Affen abstammt, ist ja an diesen Glauben gebunden, denn wenn er den nicht mehr hat, an was ist er dann gebunden. Die ganze Weltinszenierung ist doch aus einer gewissen Perspektive her gesehen eine Beweisführung der Existenzberechtigung des Menschseins, so, wie wir gelehrt werden es wahrzunehmen, aus Religionen her, aus Geschichten, aus philosophischen Abhandlungen, aus geschulten und ungeschulten  Gehirnen gebrütet, jedes Buch ein Versuch, der vertrackten Sache näher zu kommen, während sich das jeweilige Bühnenbild verflüchtigt und in ein weiteres hineinmorpht. Neulich habe ich auf einem Markt eine Zeitschrift aus dem Jahr 1954 gekauft, das war schon verblüffend. Der Krieg war offensichtlich noch nicht annähernd verdaut, aber vor allem die Reklame-Texter gaben ihr Bestes, um die Menschen zu allen möglichen Dingen zu verführen, die sie wieder brauchen sollten, zum Beispiel eng zu schnürende Korsetts für Damen, denn man durfte wieder Figur zeigen, und der Mann musste unbedingt rauchen, sonst war er nicht wirklich einer. Die verfügbare Eleganz der Rede wurde da hineingepackt in das Habenmüssen, damit man als Mensch erkannt wird. Die Kriegsbilder, ab und zu hineingestreut, sahen genauso aus wie die Bilder aus den Kriegsgebieten der Ukraine. Menschen, denen alles genommen wurde, was ihnen gerade noch wichtig war, standen irgendwo mit Koffern in der Gegend herum und wussten nicht mehr wohin und was das alles war, in das sie hineingeraten waren, ohne menschliche Resonanz erwarten zu können, wenn man zum Volk des Agressors gehörte. Und dass schwere Waffen dafür gemacht sind, Menschen das kostbare Leben zu rauben, das weiß doch jedes Kind, denn das Kind lernt es ja schon in den Spielen. So kreist es weiter und weiter und nimmt uns in Bann. Diesen Bann können wir nur als Einzelne brechen. Am Ausgangstor des Labyrinthes tauchen weitere Aufgaben auf.

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