günstig

Neulich suchte ich eine im Umkreis sehr geschätzte Homöopathin auf, die zum Bedauern all ihrer Patienten und Patientinnen am Ende des Jahres Schluss macht mit ihrer Praxis. Es sind genug Gründe für sie zusammengekommen, um diesen Schritt zu gehen, und nun wird sie bald ihre Praxis in ein Atelier umbauen und dort ihren anderen Fähigkeiten nachgehen. Auch auf sie und ihre Entscheidung trifft der schöne Satz (von Welzer?) zu, dass Aufhören das Erreichte sichert und das Weitermachen es bagatellisiert. Zum freiwilligen Aufhören von etwas braucht es im günstigen Fall klare Verhältnisse, und hier drücke ich gerne noch einmal mein tiefes Mitgefühl aus für all diejenigen, die sich jetzt in der rauschenden Pandemie wieder unerträglichen finanziellen Miseren gegenübersehen, die kaum mehr zu lösen sind. Der Ozean des Unlösbaren ist nicht nur wild und unüberschaubar geworden, sondern mit oder ohne Willen üben wir die neuen Schwimmbewegungen in diesen Wellen. Und egal, wie gut wir sind im Navigieren, so bleiben wir doch nicht unbehelligt. In ihrem Alter, meinte die Ärztin, ist die Situation doch nicht mehr so bedeutsam; das sehe ich etwas anders. Natürlich ist es erfreulicher, sich mit der Sahne des Alterns auf dem biologischen Kuchen zu beschäftigen als mit der Klimawandelangst, ob ich in ein paar Jahren noch werde atmen oder mich sich mehrenden Fluten und Dürren werde erwehren können. Oder ob ich in all den Labyrinthen der Lockdowns noch auf die erträumte Dualseele würde treffen können, die da draußen oft vermutet wird. Und mit Recht ist der zerstörte und ausgebeutete Planet das vorherrschende Thema für Jugendliche, obwohl  ich auch noch ein Stück Astronautenüberlebenspaste im Schrank liegen habe, das war nach Tschernobyl, als wir das schleichende Gift durch die Wände dringen sahen, das dann doch nicht zu uns kam. Zweifellos weiß man auch vom Menschen, dass er oder sie gerade in Notzeiten zu Höchstleistungen fähig ist, und so kann man, wenn auch leise und in den eigenen Wänden, davon ausgehen, dass es schöpferisch für die Menschheit gerade eine sehr kreative Zeit ist, auch wenn der freie Gedanke sich verständlicherweise leichter formulieren lässt als der unfreiwillige Aufenthalt in einer Zwangslage. Ich persönlich erfahre gerade den Genuss, dass mir so ziemlich alle Meinungen (vor allem über Covid), inklusive meiner eigenen, derart auf den Wecker gehen, dass ich auf einmal tatsächlich eine Luke in der Dichte der Meinungswelten sehe, durch die von mir aus sämtliche Meinungen verschwinden können, denen ich überdrüssig bin. Auch radikale Einstellungen können zuweilen behilflich sein in der Beförderung des Gewünschten. Ein „Tabula rasa“ in der Meinungsbastelwelt kommt mir verlockend vor, allerdings auch schwer genug, um mich zu begeistern. Der Welt den Rücken kehren ist ja nur eine der Optionen. Hat man gründlich gekehrt, kann man sich bedenkenlos wieder umdrehen und neue Energien einsetzen und vorfinden, die dem stets Vorhandenen und seiner grenzenlosen Würde gerecht werden. Auf einem gut umsorgten inneren und äußeren Stück Land lässt sich gut sitzen und das Daseiende bestaunen.

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