prompt

Prompt tauchte ich ein in die Vergangenheitsgewässer, in denen es oft grässlich und sprachlos zugeht, bis irgendwann jemand, zum Beispiel ich als Überlebende oder Noch-Lebende, entlangwandere an dem, was niemals, so sagt man doch, vergessen werden darf oder soll. Außer Menschen haben ja auch Dinge überlebt, kostbare Dinge, die zu Ritualen gehörten, die nur d i e kannten, aus deren Kultur sie stammten. Jetzt, unter Glas die Objekte erfassend, das Auge hin-und hergerissen zwischen Schauder und Schönheit, anerkennt man gerne  die Mühe, die in solchen Darbietungen liegt, ohne sich davon in den dunklen Sog ziehen zu lassen, der auch noch vorhanden ist und von dem man weiß, dass er aus einer unmenschlichen Auslöschung entstand, die einen freien Geist nicht mehr wirklich ermöglicht, wenn man sich diesen vorstellt wie die Vielschichtigkeit des Äthers an einem wolkenlosen Tag. Es ist hilfreich und notwendig zu wissen, zu was wir Menschen fähig sind, damit man auf der einen wie auf der anderen Seite nicht zu schädlichen Überschätzungen neigt und die vorhandenen Höhen austariert mit den entsprechenden Tiefen, Vielleicht heißt deshalb der Titel der Ausstellung, aus der diese von uns dort gemachten Photos „In die Weite“, und der bestrebt ist, 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland in eine Form der Erinnerung zu bringen, die man je nach Augenmaß von dem Dargebotenen ablesen kann. Ich war geradezu beeindruckt von der Intensität, mit der die Herumwandernden in das kleine, sehr handliche Büchlein schauten, das man mit der Eintrittskarte bekam, um Gesehenes besser zu verstehen. Die Szene wirkte ein bisschen wie am Ende von „Fahrenheit 451“, und gerne hätte ich von diesen BesucherInnen Bilder gemacht, wenn das so einfach wäre und ich mein Smartphone nicht zu Hause gelassen hätte, sodass ich um eins bitten musste, wenn mich etwas anrührte. Mich rührte die aschene Dunkelheit des Erhaltenen an, von dem man absolut nichts weiß außer dem, was hier unter Glas liegt. Vertraut kommt es mir vor, denn ich liebe es auch, dieses Zusammengefügte an Schicksalshaftem, aus dessen Entgrenzungen ich nicht nur geboren war, sondern ich liebte es aufs Neue und auf meine Weise: die Schriftrollen und die Magie des Wortes, das selbst dem Feuer standhält. Etwas weiter saßen im Raum Musiker, die spielten auf alten Instrumenten sehr alte Melodien, und andere sangen Lieder dazu. Am besten hat mir vielleicht doch das Bild oben rechts gefallen, das ich wahrgenommen, aber selbst nicht aufgenommen habe. Wenn ich mich recht erinnere, fing dieser Mann sehr, sehr spät im Leben an, Collagen und Zeichnungen zu machen. Unglaublich viele machte er und schrieb unter sie jeweils Sätze, durch die etwas Bestimmtes oder eine bestimmte Zeit einem  manchmal näher kamen als so manch eigener Gedanke. So steht unter diesem Bild zum Beispiel : „Heut‘ werd ich den Hitler wählen, denn er kann uns so schöne Märchen erzählen“. Dass gerade seine Bilder und Worte nicht verloren gegangen und heute in einem renommierten Museum zu sehen und zu lesen sind, freut mich ungemein, auch wenn ich meine Freude leider mit ihm nicht teilen kann.

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