26.12.

 

Um mit den festlichen Varianten der Weltgemeinde etwas mitzuschwingen, hatte ich mir ein kleines Programm für jeden Tag entworfen, das meiner Idee von Festlichkeit entspricht. Gestern war es ein Essen mit Lali (vom Feinsten, das die indische Küche zu bieten hat, und das ist viel), da brachen die Ideen eigentlich schon alle zusammen. Vor mir saß Karthik, das Kind oben im Bild, den ich kaum zu Gesicht bekommen hatte, weil seine Mutter ihn meistens in einem dunklen Raum hält mit seinem 5 Jahre älteren Bruder, der ein nervliches Wrack ist und nur mit Mühe sprechen kann. Der Vater ist groß und schwer, Lalis Neffe, und nicht nur er weiß, sondern alle wissen, dass diese, seine Frau, wahnsinnig ist und man Angst haben muss, dass sie ihre Kinder umbringt. Keiner rührt einen Finger. Vor ein paar Tagen hat sie sich mit einem Messer in den Arm geschnitten, die Wunde wurde mit 9 Stichen genäht. Das größere der Kinder, erzählte Lali mir, wollte danach auch seinen Arm mit einem Messer schneiden. Gestern habe ich dieses Photo von dem Kleinen gemacht, was schon einiges davon erzählt, was vor seinen Augen und mit ihm geschehen ist, da er auch häufig von ihr geschlagen wird. Wieder ein Kind am Anfang seines Lebens, für das man nichts tun kann, obwohl es direkt vor einem sitzt. Sagt man etwas, nicken alle ermüdet. Keiner will noch mehr Bürde auf den eigenen Schultern. Und hilflos, ja, das hat man gemeinsam, das Hilflose, das keine guten Lösungen hervorbringen kann, weil keinem eine brauchbare einfällt. Das Essen war köstlich, aber es hatte diesen Schatten. Und heute ging’s grad so weiter, der Himmel, oben rechts im Bild, spielte mit (und hatte Augen). Die erste Nachricht an mich, die ich gelesen habe, war von der Frau eines Freundes, der sich vor ein paar Tage auf seine Weise aus dem Leben verabschiedet hat. Manchmal kann man es wirklich nicht fassen, einmal, was Menschen angetan wird, und dann, was sie anderen antun, und dann, was sie sich selbst antun. Das Antun, das in die Trauer führt, in das nicht mehr Heilbare, in das so Schmerzvolle, dass es nicht mehr gut werden kann….das dauert lange, bis etwas wirklich nicht mehr gut werden kann. Ich habe den ersten Schock über diesen Tod mit dem Priester geteilt, der mich manchmal am Ufer des Sees, wo ich morgens sitze, besucht. Sofort erklärte er mir, wie eben alles in Gottes Händen liegt. Nein, sage ich, das sehe ich nicht so, sondern ich finde, dass  Menschen ein tieferes Bewusstsein über die Kostbarkeit dieses Lebens vermittelt werden sollte, damit sie die Verantwortung eben nicht auf Gottes Schultern legen, sondern die Kraft haben, sie auf die eigenen zu legen. Wie um Himmels Willen sollte die Welt sich verändern wenn nicht durch den oder die Einzelne/n. Nein, auch nicht um‘ Hmmels Willen‘. Und wer alles w a s sollte, wird auch nichts nützen. Ein kleiner Junge und ein toter Freund: Schmerzbegleiter meiner Feiertage.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert