spüren

Weit entfernt davon, jemals etwas Geschriebenes illustrieren zu wollen oder zu können, so erstaunt mich doch manchmal als  „Pinslerin“, dass sich in den Pinseleien zweifellos Spuren befinden von dem, was durch mich hindurchgeht. Das ist zum Glück nicht immer reflektionsdringlich, denn auch hier finde ich, sollte einerseits eine Resonanz stattfinden, andrerseits alles auch für sich stehen können, unabhängig voneinander, wenn auch verbunden. Aber als gestern dieses Bild oben unter meinen Augen und durch meine Hand entstand, da erinnerte ich mich an ein Video, dass mir in einer Mail empfohlen wurde und das ich nur teilweise sehen konnte wegen dem schwankenden Empfang. Es handelte von dem Arzt Dr. Mukwege, der im Kongo mit unvorstellbarem Einsatz unzählige Frauen wieder in eine Lebensmöglichkeit gebracht hat, nachdem sie als Kriegswaffe vergewaltigt wurden und oft in einem Zustand zu ihm kamen, der ihn nur noch fassungslos erschüttern konnte. Uns nur noch fassungslos erschüttern kann, wie es bei aller Dringlichkeit, das Leben auch als Geschenk zu betrachten, es auch wichtig ist, sich erschüttern zu lassen vom Unmaß einer so höllischen Gewalt, dass man den Tieren Unrecht tut, sie zu vergleichen. Kongo, Kongo, dunkles Wort. So dunkel, dass es Dr. Mukwege klar wurde, dass er die Welt davon informieren musste, und man kann nur hoffen, dass Bewegungen in Gang kommen, wo solche Dinge geschehen. Eine Frau aus Nigeria, deren Sohn vor ihren Augen erschossen wurde, sagte mir mal, ich hätte doch die deutschen Gräuel nicht verursacht, das waren Andere. Das mag sein, aber ich habe viel gelernt von diesem Grauen, mit dem ich mich erst tief beschäftigt habe, als ich nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder aus Indien zurückkam nach Deutschland. Indien, wo der Name „Arya“ heute noch Bedeutung hat, ebenso wie das Swastika. Es hängt also nicht von der Bildung ab, ob ein Mensch zum Raubmenschen mutiert oder zu sich selbst. Kann ein Mensch, der bei sich ist, zu einer niederen Sorte von Tier werden (?), wenn es das geben sollte, eine niedere Sorte von Tier. Man fürchtet sie vielleicht wie Menschen, wenn sie todbringende Krankheiten in sich tragen. Als ich einst („es war einmal…) in diesem Dorf ankam, war ich in ausschließliches Schwarz gekleidet und hatte einen Stab mit einem kleinen Totenkopf dran, ein Meisterwerk aus Rhinozerushorn. Viele erlaubten sich den Genuss eines kichernden Erschreckens und nannten mich Kalima. „Kal“ bedeutet „Zeit“ und „Tod“, und was auch immer jemand heraus-oder hineingelesen hat, es war in der darauffolgenden Zeit ein großer Schutz für mich, diesen Namen tragen zu können, den ich bis heute trage. Ich erwähne das aus einem bestimmten Grund, denn heute früh hatte ich ein gutes Gespräch mit dem Sadhu (Mönch), mit dem ich mich manchmal am Ufer des Sees unterhalte. Er betonte, wie alle Menschen seine Brüder und Schwestern seien, und wie sie alle gut zu ihm wären undsoweiter… Irgendwie zündete bei mir der Gedanke, und auf dem Rest des Weges versuchte ich spielerisch, alle als meine Familienmitglieder zu sehen. Ich fand die Wirkung umwerfend und wirklich sehr unterhaltend, zu sehen, wie es tatsächlich Onkel und Tanten und Brüder und Schwestern usw gab, und auch ein paar, die Freunde waren, keine Väter und Mütter, eher Bachchas, Kinder, halt jedes in seiner und ihrer Art. Ob diese warmherzige Hervorsprudelung nun jeden Tag gelingt, no idea. Aber der Gedanke tauchte auf, dass ich froh bin, dass sich keiner mehr vor mir fürchtet, und dass ich selbst meine Liebe spüren kann, und dass es unendliche Möglichkeiten gibt, ihr Ausdruck zu verleihen.

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