durchsetzen

Wenn ich manchmal von dem Ort, an dem ich in Indien wohne, als einem „Dorf“ rede, so meine ich ungefähr 20 000 Einheimische (und Zugezogene), die auf unterschiedliche Weise davon betroffen sind, dass Menschen aus aller Welt und ihrem eigenen Land hier täglich herumtraben, alle mit ihrem eigenen Programm beschäftigt. Interessant fand ich immer, was sich durch die ganzen Kontakte dann durchsetzt. Als ich vor vielen Jahren ankam, war ich doch sehr (angenehm) überrascht, in ganz vielen Läden Gemälde von Salvador Dali zu sehen. Eifrig und völlig unberührt von copyright Gedanken kopierten sie seine Bilder auf Leinwände. Sie waren, wie ich von meinem Sindhi Freund hörte, vor allem bei Israelis jahrelang ein Renner. Dann liefen irgendwann auf einmal alle mit den sogenannten Ali Baba Hosen durch die Gegend, ich habe noch ein paar, sehr bequem. Von den Smartphones muss man hier ja nicht unbedingt reden, sie gehören eher zur Sorte „Baghwan ka kamaal hai“, ein göttliches Wunder, da kaum jemand übrigbleibt, der es nicht hat. Unter den Pilgern hat es sich durchgesetzt, dass ein Priester einer größeren Gruppe mit einem Mikrofon in der Hand vorne draus läuft und den „heiligen“ Sound vorgibt, den dann alle mitsingen sollen. Niemand wehrt sich, alle machen mit, obwohl es überhaupt keinen Sinn macht und die Leute von ihren eigenen Eindrücken abhält. Irgend jemand denkt sich was aus, und eine Gruppe wiederholt es. Nicht einmal einen tiefen Satz möchte man aus hundert Kehlen wiederholt haben. Sagte der Lama einst in Kathmandu zu mir auf meine Nachfrage, welchen Sinn denn solch ein Nachplappern mache. Das sei besser als unnützes Reden, meinte er. Was das Durchsetzen betrifft, so habe ich schon mal „Amazon“ erwähnt, ein King unter Durchsetzern. Auch DDT, das es bei uns nicht mehr gibt, hat sich durchgesetzt, und „Maggi“ (mit Nudeln im Paket), jetzt organisch angeboten von Ramdev, einem als heilig gesehenen Producer, von dessen Produkten man heimlich hofft, dass sie tatsächlich organischer sind als andere, da er inzwischen das ganze Land versorgt. Und gestern saß ich oben bei mir in der Sonne, die sich auch durchgesetzt hatte durch den Winternebel, und sah gegenüber diesen Traumfänger. Traumfänger haben sich hier eingeschlichen und sind in vielen Läden zu haben und hängen in Restaurants und Zimmern. Ein Brahmane hat mich neulich gefragt, was die denn machen, und wie sie es machen, aber ich konnte keine Antwort geben. Dabei ist es einfach: sie lassen die guten Träume durchziehen und fangen die schlechten ein, eine erheiternde Idee, die sich leider nur im Zweifelsfreien umsetzen kann. Und ich denke auch nicht, dass der, der’s glaubt, selig wird oder erlöst vom königlichen Weg der Nachtgespinste, die nicht kontrollierbar sind, aber als Bewusstseinsweg zur Verfügung stehen.  Auch kommt mir gerade der kühne Gedanke, dass alles, was jeweils da ist, das Durchgesetzte an sich ist. Das Weltgeschehen formt sich aus dem, was sich durchsetzt. So ist  es ja auch mit unseren eigenen Systemen, und in dem Sinne bin ich, was sich durchsetzen konnte von mir und meinen Anlagen. Das gibt zu denken und bietet eine gewisse Anregung beim Navigieren.

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