reisen

Soweit ich mich erinnere, ist es Pascal, der gesagt hat (im Sinne), dass alles Übel der Welt davon herrührt, dass die Menschen ihr Zimmer verlassen. Sicherlich hatte er Gründe, die ihm deswegen besonders einleuchteten. Und das Bei-sich-im-Raum-bleiben kann in anderem Kontext die wertvollste Anregung sein, die man jemandem zu geben vermag. Ich erinnere mich sehr gerne an lang gezogene Zeiten der Stille, in denen das Draußen keine wesentliche Rolle spielte, da das Wesen selbst der Forschungsfokus war. Auf der anderen Seite wurden vor allem die Deutschen „eine Monade ohne Fenster“ genannt, und gerade die Abwesenheit des Fensters kann innere Einheit zu etwas Geschlossenem machen, dem jeder Zugang zu Anderem als sich selbst verloren geht. Das ist wohl auch der präzise Punkt, der in geistigen Lehren nie ausgelassen wird, nämlich die Versponnenheit in ein Ich (Ego), das sich durch Mangel an Offenheit zu erkennen gibt, oder eine durch Jahrtausende hindurch dokumentierte Transzendenz einer anderen Variante, nämlich das Erreichen eines durchdrungenen Egos bis hin zu seinem Kern, seinem Wesen, das eher als hüllenlos beschrieben und erfahren wird. Nun konnte Pascal z.B. sich auch gar nicht vorstellen, wie leicht es uns in dieser Zeit gemacht wird, unsere Hütten zu verlassen und auf Wanderschaft zu gehen. Leider sind die Gepäckstücke immer noch zu schwer, um mit  Stab und Bündel sorglos durch die planetarischen Weiten zu ziehen und zu schauen, wie andere Menschen ihr Leben gestalten, und das, was einen anregt, von ihnen zu lernen. Ich kenne selbst die Straßen-Strecke zwischen der Türkei noch ohne Kriege und ohne Taliban. Das gewalttätige Getümmel raubt jedem/r arglosen Abenteurer/in den Atem. Wenn ich im Flugzeug (bald wieder) über Sibirien fliege und zufällig einen Fensterplatz habe, dann schaue ich hinein und hinunter in das Unvorstellbare. Da leben doch Menschen! Überall leben Menschen und müssen sich fragen, wie sie ausgerechnet da hingekommen sind. Wenn die Augen sich hineinfühlen in die inneren Welten der Wesen, indem man ihnen zuschaut beim Tun. Wie sie ihren Teig kneten, was ihnen am besten schmeckt, wer frei herausreden darf, und wem die Sprache verwehrt wird, und die Wirkungen davon in den Kulturen. Was konnte mir Besseres passieren, als in zwei Kulturen mich beweglich zu fühlen, beide zu schätzen als die eigene innere Synthese, die aus dem Zulassen von sich selbst und aus dem Zulassen des Fremden entsteht, wodurch einem der sokratische Widerspruch, der in allem enthalten ist, einleuchtet und einen zur Kontemplation anregt, ob eine Einheit des Schauens möglich ist, und durch was sie erfahrbar ist, und ob überhaupt. Jaajaa, neenee: Reisen ist unersetzlich. Hinein in die gefährliche Welt und schauen, wie man zurechtkommt. Abschiede erleben, die einem sagen, wie gut man es hatte und günstigerweise wieder haben wird, wenn alles gut geht. Und sich geborgen fühlen in einer Liebe, die nicht an Hütten gebunden ist.

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