dunkelschön

Wenn aus dem Dunkel, also dem Unbewussten, Gefühle oder Gedanken oder Bilder aufsteigen, so kann es unheimlich wirken, denn die inneren Welten sind eigen und haben ihren eigenen Weg, sich zu zeigen. Man kann da selbst nur rätseln, wenn einem ein Zugang ermöglicht wird. Ich unterscheide zwischen dem Dunkel, das böswillige Intentionen hat, und dem Dunkel, das seinen Geist entlässt, um sich sichtbar zu machen in Gefühlen, in Wärme, in Seltsamkeit, in dem Annehmen der inneren Welten, die oft abgetrennt werden von dem, was wir als Vertrauen zu unserem ganzen Lebensvorgang stabilisiert haben, um uns in den Labyrinthen des Seins zurecht zu finden Niemand kann den vernichtenden Vorgängen auf diesem Planeten „gerecht“ werden, was heißt das. Es gibt diese Gerechtigkeit nicht, von der wir ausgehen möchten. Menschen werden zu allen Zeiten zermalmt und gefoltert und von fehlerhaften Brücken in die Tiefe gerissen. Man ist selten in der Nähe der Trauernden und der Erschütterten, aber das ist oft schon genug, um Kenntnis zu haben von dem Unerklärlichen, für das dann Erklärungen bereitgestellt werden und Beruhigungen und Wissen und Weisheit und Stille und wirkliche Hilfe und Trost undsoweiter. Schon als Kind saß ich gebannt auf dem Hintersitz des Wagens, zum Glück unangeschnallt, und starrte auf die vielen Häuser in den vielen Ländern, die wir manchmal durchquert haben. Im Dunkeln konnte man ab und zu Menschen bei ihren Bewegungen in den Wohnungen zuschauen, das war beruhigend, denn sie waren meist mit Dingen beschäftigt, die man nachvollziehen konnte schon als Kind: herumgehen und Sachen machen, und dann das geisterhafte Licht der Fernsehgeräte, das mir heute noch unheimlich ist, wenn ich hineinschaue in Fenster, denn da werden ständig Leben und Geschichten angeboten innerhalb der Leben, wer will da noch unterscheiden können zwischen dem einen und dem anderen, obwohl die Geräte inzwischen einen hohen Stellenwert haben, denn es wird vorausgesetzt, dass jeder Mensch sie braucht und ohne den freien Zugang zu all diesen Kanälen ein unglücklicher Mensch ist. Ich denke, dass einem bei so viel Zufuhr fremder Geschichten Hören und Sehen vergeht, denn es kommt ja darauf an, Zugang zu eigenem Hören und Sehen nicht abstumpfen zu lassen. Es ist schon bemerkenswert, dass durch den Wissensdrang von Freud, Menschen und ihr Wesen wirklich ergründen zu wollen, eine einmalige Praxis in die Welt gekommen ist, nämlich dass ein in einer ganz bestimmten Schulung der Wahrnehmung trainierter Mensch einem anderen Menschen Stunde um Stunde zuhört, sodass dieser Gelegenheit hat, sich kennen zu lernen und Zugang zu bekommen zu den tiefsten Erfahrungen seines Wesens. Ein Weg, der Licht ins Dunkel bringen kann, und der sicherlich für die meisten Menschen ohne Begleitung nicht möglich wäre. Wie lange so ein Sich-kennen-lernen dauert, kann nur der entscheiden, der sich auf diesen Weg macht. Bis es auch hier nicht mehr um ein Ziel oder ein Ankommen geht.

 


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