Frage-Zeichen

Gestern habe ich bei Google nach einem Wort gesucht, das ich häufig in der Zeitung geschrieben sehe und nie wusste, was es bedeutet (es kommt nur im Beweisaufnahmeverfahren nach amerikanischem Recht vor, lerne ich), und es ging wahrscheinlich immer um die russische Zirkusaffäre mit D.T. Aber dann sehe ich ein anderes Wort in der Nähe auftauchen, das ich interessanter finde, weil es in Indien, oder besser im Hinduismus, ein Wort für die Übertragung psychischer Energie von einer Person auf die andere ist. Gleich bin ich wieder im altvertrauten Labyrinth indischer Systeme und lese mich ein bisschen durch die vielen angegebenen Ebenen hindurch, auf denen man diese Übertragung erfahren kann. Nun hätte ich persönlich gerne auch hier ein Beweisaufnahmeverfahren, aber woher soll das kommen. Ich scrolle  also um das Wort herum und treffe auf einen chilenischen Eremiten, der offensichtlich lange in Indien studiert hat, denn er zitiert einiges in Sanskrit und beginnt seine Session mit dem beliebten OMen. Im Hintergrund sieht man die eingerahmten Gurus, die ihm offensichtlich dazu verholfen haben, dass er nun auch psychische Energie auf Andere übertragen kann. Bevor ich mir die Videoaufnahme davon anschaue, lese ich noch, dass der Meister eigentlich im Wald haust, keine SchülerInnen annimmt und nicht lectured. Aber hier haben wir eine Ausnahme, denn es ist eine mit Video aufgenommene Session, wo er einige Frauen, die zu ihm nach vorne kommen, durch eine schnelle Geste in ihre Richtung, oder durch Überreichen einer Blume, zu einem erstaunlichen Herumhopsen verhilft. Ja, sie werfen sich, oder werden geworfen durch die offensichtlich unbändige eremitische Energie, fallen also nach hinten, was in dem Wort, schaue ich später nach, enthalten ist, nämlich „fallen“, und so fallen sie eine(r) nach der anderen nach hinten und manche zucken sehr extrem, bevor sie sich hinwerfen, dann gehen sie ruhig zurück zu ihrem Platz oder zucken dort etwas weiter, während schon die Nächste zuckt und fällt. Ich, die ich mich vor allem dieses Jahr an meiner steten Nüchternheit erfreut habe und dennoch offen bin für die Wunder des Daseienden, kann mir beim allerbesten Willen nicht vorstellen, dass dieser Gurumensch es auf legalem Wege ermöglicht, dass vor ihm eine Frau nach der anderen nach hinten fällt und in spastischen Verrenkungen versinkt, und diese extrem peinliche Vorstellung als Gnade gesehen wird, die nur von der Segensbereitschaft des Meisters abhängt. Wir haben doch alles diese Filme gern gesehen, wie Jesus über’s Wasser läuft und die Toten erweckt, wer will da schon rumzweifeln an den Wunderwirkungen Anderer! Sonst wären die doch auch nur wie wir! Ich schaue mir also die Frauen an und denke: Mensch, die könnten aus dem Freundeskreis kommen, locker angezogen und „auf dem Weg“. Wie können die Wege so auseinanderdriften. Es geht ja noch nicht mal mehr um Religion oder egal, was einer glaubt, sondern die anstrengende Frage, wie das möglich ist, dass man mit uns Menschen so viel anstellen kann, ohne dass der Wunsch, es so zu sehen, wie es „wirklich“ ist, sich durchsetzt und zu einer der letzten Erschütterungen führt im Hinblick auf das, was man selbst für möglich gehalten hat. Das bestätigt immer wieder die unverrückbare Position des Gottes mit dem langen, beruhigenden Bart und der gütigen Allwissenheit, die als kleine Zugabe den absoluten Gehorsam fordert. Man kann noch sagen, dass ja, Hopsen ist weniger harmvoll als Töten, aber es weist auf dasselbe hin an der Quelle. (Das Bereitstellen einer Verführbarkeit?)(aufgrund früher, missbräuchlicher Erfahrungen?)
*Ich habe den Namen des Eremiten absichtlich nicht genannt, weil es mir nicht um ihn ging. Aber Namen und Video kann ich auf Wunsch gerne weitergeben.

 


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