einfacher

Worte und Bilder regen gleichermaßen dazu an, eigene Befindlichkeiten wahrzunehmen, und es bleibt stets offen, wieweit der Zustand des/der Schaffenden auch mit der Wahrnehmung Anderer korrespondieren kann, aber nicht muss. Kunst löst die Partikel noch einmal heraus aus der Indifferenz des kosmischen Mutterleibes und schildert auf immer neue Weise die altvertrauten Zustände des Menschseins. Das Verwundet-und das Verwundertsein, die berauschten Augen auf dem golden durchleuchteten Herbstwald, und dann mit November der Einbruch der Kälte, das Niesen und das Husten und die oft bedrohliche Nähe der Entzündungen, aber auch die Öffnung der poetischen Archive mit den schaurigen Novembergesängen der Dichter und Dichterinnen, gebannt von der Düsternis stillgelegter Geheimnisse, und doch bemüht um die Überlebenskräfte, die die Erotik des Todes in das Licht des Lebendigen zurückführen. So zart und angreifbar ist die fleischliche Hülle des Menschen. Man fragt sich, wo die Achtung vor diesem so wundersamen Wesen verloren gegangen ist, so als müsste einen noch oder doch der Schlag treffen, bevor ein Erwachen möglich ist. Natürlich gibt es statt sinnlosen Träumereien immer auch praktische Möglichkeiten. Der Satz (aus dem Sanskrit) „befreit von den Ketten der Hoffnung“ kam mir noch einmal in den Sinn. Jetzt habe ich nicht den Verlust der Hoffnung gesehen, der einen ja enttäuscht zurücklassen könnte, sondern die Möglichkeit einer enormen Befreiung ist mir bewusst geworden. Was hängt nicht alles an den Hoffnungen! Die Wünsche, die Erwartungen, die Aktivierung der Kontrollsysteme, die vorprogrammierten Enttäuschungen, der Schock nackter Fakten! Der/die von der Hoffnung Befreite ist auch durchaus kein hoffnungsloser Fall, sondern der Strang der Vernetzung kehrt zu einem zurück und entfaltet Energie für weitere Vorgänge. Vielleicht ist es derselbe Moment, wo man, nicht aus bürgerlichen Verhaltensprogrammen, sondern aus der eigenen Tiefe heraus die Notwendigkeit versteht, andere Menschen (und sich selbst) genau so zu akzeptieren, wie sie sind/man ist. Der Härtefall Trump hat die Völker der Erde belehrt, dass man jede Erwartung fahren lassen muss, denn für Donald Trump und seinesgleichen wäre ein Erwachungsmoment tödlich. Unermüdlich, wie der Geist nun einmal ist, ergeben sich aber immer neue Wege, die dem immensen Prozess auch förderlich sind. Man muss auf der Hut sein in angemessener Haltung. Das Sein birgt allen Reichtum, der gehört ja nicht irgend einem, sondern jedem, der interessiert ist am Zugang. Da ist keiner, der an der Tür steht und die Eintretenden überprüft. Vielleicht ist es die einzige Stelle, wo man nur sich selbst einlassen kann. Komplex ist es nur am Tellerrand und um den Rand herum. Dann aber wird es einfacher.

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