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Dann gibt es diese gängige und leidige Frage „Ja, wie geht’s denn so?“, oder dir oder zuhause oder den Kindern, oder überhaupt so, nicht weiter definiert. Da die Frage als Floskel gesehen wird, fühlt man sich nicht verpflichtet, ernsthaft zu antworten, oder zuzuhören, denn es gibt auch zwei konventionelle Arten, sie zu beantworten. Die Einen sagen „gut“, die anderen „ach, nicht so gut“, beides Angewohnheiten, die weiter keine Bedeutung haben. Dabei kann die Frage durchaus bedeutsam sein, wenn man etwas darüber nachdenken darf. Es muss ja nicht immer mit den Anderen sein, sondern man kann sich selbst fragen, wie es einem so geht, und ob es sich mit einiger Klarheit heraustüfteln lässt. Manchmal wird man darauf aufmerksam, dass was in der Unterwelt rumort. Ein dumpfes Rollen und Grollen, das nicht an die Oberfläche gelangt, weil sich dort ein Lächeln breitgemacht hat, das dem Rumpeln keinen Raum gibt oder geben will oder geben kann. Nicht immer ist die Zeit angemessen für Rumpelkammern, auch wenn man sie aus dem Bewusstsein nicht verbannen kann. Auch gibt es selbst bei Hinwendung immer wieder Überraschungen. Ein paar Tage lang dachte ich immer mal wieder „was ist nur mit mir los?“, irgendwie fand ich mich nicht in so angeregter Laune vor, wie ich sie schätze. Da musste ich mir eines Tages eingestehen, dass es tatsächlich das Wetter war, das mich nervte. Kein Sonnenstrahl. Nur wolkenbedeckelt. Land der Dichter und Denker, die sich mutig durch die Dunstwolken grübelten und grübeln, bis einleuchtet, dass es auch innen eine Lampe gibt, die man sich selbst anknipsen kann. Aber es gibt ja unendlich viele, vorbeiströmende Befindlichkeiten, die man erfahren muss und besser kann, wenn die eigene Grundstimmung einmal geklärt ist, und man sich selbst nicht mehr im Wege steht. Neulich waren wir eingeladen bei einem Kindergeburtstag in der afghanischen Familie und im Verlauf  wurde deutlich, dass Hamid, der 5-jährige Junge, nach dem Kindergarten 5 Stunden auf der riesigen Flatscreen Sachen glotzt. Er will eigentlich malen oder spielen, aber keiner spielt mit ihm, hat er gesagt. Dann zeigt er mir sein neues Computerspiel, in dem 4 Supermänner miteinander brutal boxen, und als dann einer durch Hamids aufgeregte Finger unbeweglich am Boden lag, schrie er begeistert „jetzt ist er tot, ich habe gewonnen!“ Da kann ich dann nicht mehr unterscheiden, ob ich vorher schon schlecht drauf war, oder doch etwas Kulturelles für Kinder in Bewegung bringen will und diesem Leid eine Möglichkeit setzen! Das ist doch alles viel zu viel, und man kehrt zu sich zurück und lässt sich nicht verrücken, bze. verrückt machen. Es fehlen in der Tat bestimmte Schulen, die der Zeit und den Kindern dieser Zeit gerecht werden. Manches schleppt sich nur noch durch  aus den Urprogrammen menschlicher Ordnungsgestaltung, und lässt sich schwer aus den Fängen der Psyche und der Kulturen reißen, vor allem, wenn Angst und Gewalt zunehmen und der Begriff „Heimat“ seine Glaubwürdigkeit verliert. Ja, wie geht’s uns denn so? Und mir: ganz gut gerade, danke.
Bild: H. Robert

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