genesen

Wasser, viel Wasser, jetzt auch hier in Maßen, wo es die Blumen brauchen können. Gerade bin ich gedanklich mit zwei Ländern verbunden, in denen das unmäßige Herunterprasseln von Wasser verheerende Auswirkungen hat. Meinem Cousin, der außerhalb von Houston  wohnt, geht es gut. Ich war erstaunt, wie leicht es war, mit einem Familienmitglied in Kontakt zu kommen, da mein Ahnen-Dunstkreis so ziemlich erloschen ist. R.D. Laing fiel mir ein mit einem damals von ihm geprägten „Slogan“, und zwar „Whenever there is an emergency, we look each other in the eye, whenenver there is a garbage strike…“Vermutlich empfindet man das gänzliche Verschwinden eines Menschen noch gravierender als die Kontaktlosigkeit. Vielleicht, weil es mit Lebenden noch Zeit gibt für Ausgleichungen oder was auch immer sich zeigen will. Denn wenn sich nichts zeigen will, warum trauern. Aber dennoch interessant, dass die Not-Situation etwas ermöglicht hat, zum Beispiel ein paar Zeilen freundliches und wahrnehmendes Miteinander ohne Familiendrucksverhalten. Es war gut, mehr muss nicht sein. Dann Indien, wo es lange trocken war, zu trocken, und jetzt der ersehnte Monsoon mit den verheerenden Auswirkungen. Wer kann und will sich schon ein paar hundert vom Monsoon vernichtete InderInnen und ihre Kinder  vorstellen, angegebene Zahl immer weit drunter…Dass diese Menschen mit oft grenzenlosem Vertrauen auf einen der vielen Götter schauen als den einzigen und unfehlbaren Lenker ihres Schicksals, das ist schon verblüffend. Viellicht geht das nur über eine derart grenzenlose Hingabe an das Geschehen, sodass es in verdächtige Nähe zur  Erleuchtungsvorstellung kommt, allerdings ohne ein Bewusstsein darüber, was es tragisch macht. Über eine Milliarde Einwohner des Landes, die irgendwie geistig vereint durch die programmierten Schicksalsgewässer waten. Und weil man selbst nicht abstumpfen will, lässt man doch ab und an das Mitgefühl aus sich herausfluten, getragen von bewusst erfahrener Ohnmacht. Wir haben es zur Zeit wirklich verhältnismäßig gut, das Maß des Verhältnisses ist hier wichtig, denn alles dient letztendlich doch zum Erwachen. Da Wachsein aber nicht selbstverständlich ist, auch wenn man lange davon überzeugt ist, können uns hier vor allem nur die helfen, wenn überhaupt, die selber wissen durch Erfahrung, wie schwer Erwachen ist. Es gibt auch die Legende, ich denke es war Dharmapadda, von dem gesagt wird, er habe sich die Augenlider abgeschnitten, um nicht mehr einzuschlafen. Heute würde man ihn wahrscheinlich in eine längere Therapie schicken, aber gut. Was innen nicht wach ist, kann ja vermutlich auch außen nicht die Lider liften. Diese gute Zeit also, die wir erleben dürfen mit unserem „Alles-haben-was der Mensch braucht-Modus“, ist wirklich exzellent geeignet für…ja, warum nicht das Wort „Gesundung“ hier benutzen, das auch oben im Bild heute erscheint. Jemand hat am Feuerplatz ein Feuer gemacht und Papier verbrannt. Am nächsten Tag habe ich um den Platz herum diese Buchstaben gefunden und war gespannt, ob sich daraus ein Wort ergeben würde. Zuerst habe ich das Wort „gesehen“ gesehen, dann, etwas später, „Gesundung“. Bei diesem Wort blieb bei den übriggebliebenen Buchstaben nur noch zwei übrig: t und u, also entweder „handle“ auf Deutsch oder „tu“, also „Du“, auf französisch. Es ist eine wahre Freude, wenn man Buchstaben liebt. Auf meinem Photo sehen sie zwar etwas düster aus auf den Ascheholzstücken, aber die Worte dienen hier als eine Art Phoenix. Und ich nehme mir die von mir gestaltete Message natürlich auch zu Herzen, denn ich weiß aus Erfahrung, dass man aus der Asche wieder herauskommen kann, und dass die Flügel ja gar nicht verbrannt sind!

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