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Ich nehme  mal den Faden von gestern wieder auf, und zwar an der Stelle, wo der Text aufgehört hat. Ich kann also unter günstigen Bedingungen zu mir selbst finden, bzw. „mich selbst sein“. Gibt es denn ein Sein, in dem ich mich nicht selbst bin? Und ist nicht jeder Mensch sich selbst? Von was gehen wir aus? Es gibt eine Anzahl von Situationen, die einem hier einfallen könnten, wo jemand zu jemand anderem sagt: „Das bist du doch gar nicht, oder „das steht dir doch gar nicht“, sieht nicht aus wie du, hört sich nicht an wie du usw. Auch kennt jede/r ein Gefühl von Entfremdung von sich, eine Unstimmigkeit  im Inneren oder im Äußeren als möglichen Anlass. Wenn wir Menschen wüssten, wer wir sind, könnte uns auch keiner zu etwas zwingen, was uns nicht entspricht. Aber wie erlernen wir dieses „Mich-selbst-sein“, wenn wir von Anfang an schon sind, was wir sind? Was sind wir denn von Anfang an? Auf jeden Fall sind wir bei und nach der Geburt schon mal etwas, das es geschafft hat, anwesend zu sein. Auch das war nicht gewiss. Ungewiss geht es auch weiter. Mit wem bin ich zusammen, wer kümmert sich um mich, solange ich es noch nicht selbst kann? Viele Menschen haben sich darüber beklagt, dass sie gar nicht gefragt wurden, ob sie da sein wollen.  In Indien wird das Erreichen der menschlichen Form als ein hohes Schicksal empfunden, war man doch ihrer Auffassung nach vorher vieles andere, Tier, Pflanze, was auch immer, und hat es nun geschafft ins Reich der Menschen. Man ist Mensch geworden. Und weiter geht’s mit dem Ungewissen. Was heißt das, „Mensch“ zu sein? Habe ich Einfluss darauf, was für ein Mensch ich sein möchte? Sobald ich denken kann, wächst auch mein Einfluss, obwohl ich da bereits selbst von allem Möglichen beeinflusst worden bin: von dem Zeitraum, in dem ich gekommen bin, von der Gesellschaft und der Religion, in die ich hineingeboren wurde, was von mir erwartet wird, und ob ich es erfüllen oder mich dagegen zur Wehr setzen kann. Unendliche Möglichkeiten an jeder Stelle des Lebens. Es sieht nicht danach aus, aber es ist so. Es kommt darauf an, wie ich mein Bewusstsein, das Navigationsinstrument des Menschen, für mich und andere einsetze. Wo navigiere ich hin, wie ist meine Ausrichtung, wie fühle ich mich am Steuerrad meines Schiffes? Und wann wird mir bewusst, dass die Richtung, in die ich steuere, immer von mir bestimmt wird. Und die Anderen? Es gilt für alle. Wer sich steuern will und kann, wird es tun, wir müssen damit und miteinander leben. Aber es hängt nicht von den Anderen ab, sondern von uns persönlich und dem Menschen, den wir aus uns gebildet haben. Haben wir nicht? Doch, haben wir.  Eine meiner früheren Lehrerinnen hat diesen furchterregenden Satz geprägt, dass man sich auch verpassen kann. Kann man, und wodurch merkt man es? Und kann man die Richtung wechseln? Dann habe ich neulich den Satz gehört, dass alle Menschen als Originale geboren werden, die meisten aber als Kopien sterben. Kopien von was und von wem? Wer sorgt dafür, dass man sich treu bleibt? Und wie sieht „Sich-treu-sein“ aus?  Für mich ist der Humor immer ein Gradmesser gewesen. Habe ich ihn mal unterwegs verloren, war es sicher auch wichtig, denn in manchen Tiefen wird wenig gelacht, aber dann!, wenn er wiederkommt, bzw. ich wieder auftauche und mich nicht mehr so ernst nehmen muss, weil etwas verstanden oder aus dem Weg geräumt wurde, (schwitz! strauchel! schrei!), dann ist es doch sehr schön, wenn man wieder lachen kann, vor allem aber über sich selbst und die unter schwierigsten Bedingungen zu erlernenden Künste des Seins. Meine Güte, ist das anstrengend manchmal, dann aber auch wieder so abenteuerlich und unterhaltsam. Überhaupt! Als sich selbst durch die Welt gehen, den Tellerrand als Surfboard dabei haben, aber nicht abhängig sein von diesem Transportmittel, sondern es auch mal abstellen und Zeit verbringen mit Menschen, die man liebt.

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