von Menschen und Tigern

Ich hatte Besuch von zwei Freunden, Beatrix und K.K. Er ist aus Delhi, sie aus Hamburg. Sie leben ihre Liebesgeschichte jedes Jahr ein paar Monate hier in Indien, wo alles möglich ist. Sie sind dann unterwegs mit dem Motorrad, und aus diesen Abenteuern und Erlebnissen hat K.K eine Geschichte erzählt, die ich hier nochmal aufgreifen möchte. Und zwar kam er in Kontakt mit einem für ihn höchst authentisch wirkenden Mönch, der sich oft im Dschungel um Rishikesh herum aufhält, wo es noch Tiger und Leoparden gibt, und er hat K.K. von einem Erlebnis erzählt, dass er dort einmal hatte. Er saß also eines Tages da herum auf einem Stein, und auf einmal kam ein Tiger und setzte sich genau vor ihn. Man darf dann keinen Mucks machen, sonst fressen sie einen auf. Nach einer Weile aber kam ein zweiter Tiger dazu und der Mönch sah sein Leben schwinden. Denn selbst, wenn der eine Tiger sich trollen würde, würde der andere ihn fressen. Dann kam aber noch ein dritter dazu, und Mensch und Tiere starrten sich gegenseitig an in der Hochspannung ihrer jeweiligen Interessen. Da tauchte plötzlich ein Scheinwerferlicht aus dem Hintergrund auf, das die Raubtiere in die Flucht trieb. Es war eine Gruppe Männer aus dem Punjab, die herbeieilten und sich allesamt dem Mönch vor die Füße warfen und ihm magische Kräfte zusprachen. Denn was sie gesehen hatten war, dass der Mönch umringt war von seinen Tigerschülern, denen er Wissen beibrachte in ihrer Sprache. Es half nichts, dass er beteuerte, wie er um sein Leben gebangt hatte, die Heiligengeschichte nahm bereits ihren Lauf. Und genau so ist es immer und überall. Man will dem Geschehen die eigene Wahrnehmung zuschreiben, doch sie ist nie, was da ist. Man kann es wohl selbst als ein „Wahres“ nehmen, und diese relativen Wahrheiten werden von unserem Geist permanent produziert, und das macht ja auch die Schönheit und Lebendigkeit des Spiels aus. An den Gerichtshöfen der Welt ackern sich geschulte Gehirne oft jahrelang durch Gespenstergeschichten, deren Wahrheitsgehalt schwer zu ermessen ist, denn in jedem Gehirn läuft ein anderer Film ab (da fiel mir auch „Rashomon“ ein), in  dem die Rollen von eigener Sicht her besetzt werden. Gibt es überhaupt Zugang zu einer letzten, stabileren Realität? Ich denke, man darf den Background nicht mit dem Spiel verwechseln. Man kommt um die Leere nicht herum, denn sie erscheint doch als der luzideste Aufenthaltsraum.Verlagert man das Bewusstsein auf diesen Raum, hat man den königlichen Logenplatz. Von da aus erst zeigt sich das Ausmaß des Geschehens. Heute früh war ich kurz von der Vorstellung inspiriert, mal alle Menschen, also uns, vom Planeten wegzudenken. Was wäre da außer dem Chaos und der Zerstörung, die von Menschen angerichtet wurde. Bald würde Gras drüber wachsen. Die Grundausstattung wäre mit sich allein: Pflanzen Tiere Wasser Äther usw: ein Garten. Und doch ohne uns ein wilder Dschungel ohne all diese Wunderwelt der Geschichten, an denen wir teilnehmen und die wir selbst erzeugen können. Es ist ganz sicherlich gut und förderlich, in dieser unermesslichen Freiheit d e n  Ort und d i e Ordnung zu gestalten, die einem in der eigenen Geschichte zusteht und bekommt. Egal, wie weit man die Sprache dehnt, man kann auf einmal nicht so viel von ihr erwarten. Noch ein paar Worte gibt sie her, die sind auch schon fast alle vergriffen, Dann ist (kurz)  Schluss mit Wort. Alles ist da, und alles ist, was es ist. Hier kommt noch das Wunder zu Wort. Das besteht aus dem Zusammenspiel. Freundlich einander begegnen. Das ist schon viel.

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Das Bild ist irgendwie albern in seinem scheinbaren Passen, aber gut, gerade habe ich kein anderes…..


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