Das überaus Erfreuliche an der Wahlkampagne von Kamala Harris ist der frische Ton, der hier auf einmal zu hören ist, obwohl es keinerlei Garantie gab, dass das gelingen würde. Die richtigen Entscheidungen wurden im richtigen Augenblick getroffen, und klar war die Übergabe des Amtes ein Verzweiflungsakt, aber es führte kein Weg daran vorbei, was den Spieler, hier als Biden, in die zuweilen als günstig erfahrbare Lage bringt, keine Wahl mehr zu haben als das Beste für sich und die Anderen zu tun. In diesem Fall nicht nur für das ganze Volk, sondern auch für uns alle, die wir, vom Kopfschütteln ermüdet, den Oberclown der derzeit herrschenden Männerriege immer noch ertragen mussten und müssen. War man im falschen Film? Ja natürlich war man im falschen Film, aber man muss auch zugeben, dass penetrant gelebte Dummheit auch etwas Faszinierendes hat. Als das Fernsehen in Indien auftauchte, war ich vor allem verblüfft über das leidenschaftliche Interesse der Bevölkerung an Darstellungen, die von tumbem Klischeedurst derart strotzten, dass man Mühe hatte, die Welten noch als verbindbar zu sehen. Als ich meine Freunde fragte, warum sie sowas anschauen, machten sie mir Zeichen und weinten weiter mit den an Künstlichkeit kaum zu übertreffenden Helden. Allerdings vermute ich, dass im Zuhause am Bildschirm keinerlei Realität erwartet wurde, war das Leben doch eh schon surreal genug. Für Menschen wie Donald Trump dient das Klischee als Werkzeug, mit dem man einer bestimmten Masse von Menschen vorgaukeln kann, man sei oder ist ganz einfach ebenfalls so ein kleiner Schleimscheißer wie der große Boss, der halt die nötige Kohle hat, um sich das leisten zu können, also den Aufenthalt auf der niedrigsten Schwelle der Menschenverachtung. Nun taucht diese Frau auf, an der vorher kaum einer wirklich interessiert war, so eine im Hintergrund, die man nicht einschätzen konnte, die nun aber an die Vorderfront katapultiert wurde und dort Erstaunliches vollbringt. Und während noch über die Flüchtigkeit von ‚Flitterwochen‘ gemunkelt wird, flittert es weiter mit guter und vernünftiger Wahl eines Vizepräsidenten, den als Typ nun wirklich jede/r kennt und schätzt, denn es gehört zu seiner Amtseinstellung, möglichst positive und nachvollziehbare Spuren zu hinterlassen. Tim Walz war ebenfalls nicht vielen bekannt, und es ist wahrscheinlich wahr, dass nur in Amerika ein Unbekannter innerhalb einiger Stunden in eine der mächtigsten Politfurchen tritt. Das ist doch… ja was isses denn außer all dem, was auch noch so läuft? Es tut auf jeden Fall gut, politisch überrascht zu werden von Kairos, dem Belichter des Schicksals.

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