da sein

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Ständig schlägt irgendwo das Schicksal zu mit einer Vielfalt von Gaben, wobei die „Schläge“ eindeutiger sind. Die närrische Annahme, es könnte nicht in nächster Nähe einschlagen, verflüchtigt sich früher oder später. Kündigt sich ein Schlag aber an, dann tauchen plötzlich weitere auf, man hört allerlei Narrativstränge, zum Beispiel wo jemand gekämpft und gewonnen hat, und dann wiederum, wo der Kampf aufgegeben wurde, manchmal vermutlich auch zur persönlichen Befreiung all dieser Hoffnungsstrahlen, mühsam durch die einsamen Nächte geschleppt. Und so versteht man dann, dass das Sterbende von Anfang an mitläuft, man kann es vom Lebendigen gar nicht trennen, schon deshalb, weil jeder gelebte Moment unwiderruflich vorbei ist. Außer man verfolgt einen anderen Gedankenstrang, bei dem zum Beispiel jeder Nu alle Ewigkeiten hindurch genau so sein wird wie der im Moment gelebte. Immer ist sich selbst lebender Nu. Und das ist vielleicht die lichtere Seite des Schicksalschlages: dass er neue Möglichkeiten des Umgangs mit der erfahrenen Realität herausfordert -und lockt. Solange noch Zeit ist, mit den Veränderungen angemessen umzugehen, und was heißt hier angemessen. Angemessen an was. Hilfreich ist es, das eigene Maß zu kennen, aber es ist ja nicht zu spät. Und wenn ein Mensch auch noch entschieden hat, sich bis zum letzten Level durchzuarbeiten, dann gute Fahrt!, bei denen geht’s dann (gedanklich) schon durch eine Tür, und weiter geht die Reise. Jetzt ist Eine unter uns so schlagartig vom Schicksalsblitz getroffen worden. Auf dem Tisch liegt der Bericht des Arztes aus dem Krankenhaus. Man braucht keinen Translator, um das Unverständliche zu verstehen. Man kennt die Worte, von denen man weiß, dass es keine gutverheißenden sind. Man zögert, bevor man sie in den Mund nimmt. Aber es gibt ja viele unterschiedliche Wahrnehmungen des sogenannten „Realen“. So kann man, wenn man dafür geeignet ist, eine der vielen Dreh-Türen und Tore und Portale des inneren Raumes öffnen, also gleichzeitig eine Menge Luft reinlassen in das Ganze. Und vielleicht verschwinden dann sogar noch die Türen, alles nur Raum, man selbst in zweifelsfreier Existenz selbst sich erfahrend, und dann vielleicht ein herzhaftes Gelächter, denn siehe!, das ist noch gar nicht der Tod, sondern das tief zu ergründende: Stirb, bevor du stirbst, damit du da sein kannst, wenn Dasein möglich ist.

 

  • Gedicht: Kalima Vogt

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