ai (Liebe)

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Der Flügelschlag Ich
am Atem entlang
von Schluchten
von Vogel-Ei
Wenn eine lebensbedrohliche Diagnose also in das Leben einschlägt, kann man, wenn auch in dumpfer Ferne, einen Gong hören, der kündigt Grenzen an, die man noch nicht kannte. Auch hier ist nichts gewiss, doch von jetzt an begleitet die jeweils Betroffenen dieser Klang, aber nicht nur die direkt Betroffenen. Der Klang schreckt auch die immer leicht schlummernden Herzen auf, und es strömt auf einmal ein warmer Wind durch die Hallen, doch auch aufgewirbelt vom Geräusch rasender Pferdehufe. Das Erschrockensein an sich sitzt an den Rändern der Meere und sucht nach den Antworten, die keiner kennt. Wie lange noch erleben, was man, oft so nebenbei, für erlebenswert hielt, und das sich nun als das einzig Seiende herausstellt, nämlich das, was es wirklich ist. Und wie weit ist man mit der eigenen Wirklichkeit gekommen, und wo und was ist überhaupt wirkliche Wirklichkeit. Ist man an diesem Tor jemand, der Prüfungen nicht scheut, der oder die kann hier das Maß und die Richtung der Meisterprüfung selbst entscheiden. Denn Meisterprüfung ist es doch in jedem Fall. Wer weiß schon, was Abschied von hier, dem von uns bewohnten Planeten, ist. Ich fand immer offensichtlich, dass die, die zurückgekehrt sind, nicht wirklich gegangen sind. Soll man also wählen, was immer einem angesagt scheint, oder aber sich ganz dem Fluss überlassen. „Flow“, das ist doch auch so ein Zauberwort, viel benutzt und wenig überprüfbar, eben ob man ohne oder nur mit Schulung da hinkommen kann, wo man als eigene Strömung in den Ozean einfließt undsoweiter. Das alles ist leichter zu formulieren (obwohl auch das nicht leicht ist) als es umzusetzen in kreative Erfahrung. Betroffen sind auch wir, die wir mit Menschen leben, die wir lieben, und wenn d i e sich verabschieden,  haben die jeweils Überlebenden ihre eigenen Strömungen, die zu kanalisieren sind. Da fällt mir gerade der letzte Satz von einem Gottfried Benn Gedicht ein…“nur die Zypresse, der Trauerbaum, steht leer und unbewegt“. Der Trauerbaum steht leer und unbewegt, vielleicht ist es d a s, was man wirklich spürt: die Ohnmacht, die Leere und das Unbewegte, das vielleicht auf seine eigene Art alle Gefühle beinhaltet. Schlichte Nachen gleiten dem Strom entlang. Frauen bewegen mit langen Stäben das scheinbar Unbewegbare. Kein Gott mehr weit und breit, und dennoch: Liebe.

 

*Ei von Henrike Robert

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