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Viele Reisende kamen in den Siebzigern nach Indien und nach Nepal. Es war eine neue Welle, die äußerst wirkungsvoll in die Kulturen hineinschwappte und unerwartet tiefe Veränderungen hervorbrachte. Wir waren bereit für neue Lebensweisen und es war denkbar, sich irgendwo niederzulassen, wo es einem ganz einfach gefiel und wo erfrischende Möglichkeiten sich auftaten. Als ich mit Cohen in Neapel ankam, regierte noch der alte König, von dem man hörte, dass er Musik und Poesie liebte. Unter uns bildeten sich Freundeskreise, manche lernten Musik, manche rauchten Opium, andere sammelten Pfauenfedern. Eine Zeitlang war es sehr kreativ und friedlich. Man bekam mühelos Kontakt mit tibetischen Mönchen oder indischen Sadhus, die ihrerseits erfreut waren für etwas Alltags-Abwechslung. Man saß zusammen und lernte sich kennen. Jetzt, als Tracy und ich uns an unsere Zeit in Nepal erinnerten, fiel uns auch beiden ein, dass sich einmal ein amerikanisches Paar in unseren Freundeskreis eingeschlichen hatte, das mir unbekannt war und irgendwie suspekt genug vorkam, sodass ich direkt auf beide zuging und fragte, wer sie seien. Es war deren letzter Clear-Agenten-Tag, also beide frei sich bewegende Agenten bei der Arbeit. Ich fragte ihn, ob sie nach Drogen suchten, aber nein, sagte er, sie sollen herausfinden, was so viele junge Amerikaner*innen in der Welt herumreisen lässt, die nicht mehr nach Hause zurückkehren. Man wäre beunruhigt, das war in diesem Ausmaße noch nie passiert. Stimmt, es war neu, dass wir einfach blieben, und bald gab es genug interne Kommunikation, um sich in den erforderlichen bürokratischen Notwendigkeiten zurecht zu finden. Wir mieteten Häuser und begannen, uns mit der Gesellschaft vertraut zu machen. Vertraut? Ja, schon, es war einfacher „damals“, einfach dabei zu sein und Neues zu lernen. Eine fruchtbare Zeit, die Nepalesen einfache, freundliche Menschen mit sehr harten Lebensverhältnissen. Sie strahlten eine Bescheidenheit aus, die wir so nicht kannten. Nicht wenige nahmen Zuflucht im Buddhismus und wurden Mönche oder Nonnen. Oder schlossen sich indischen Sadhus an, die dort auch ihre Feuerstellen hatten. Wir wanderten auch überall herum, hatten aber unsere eigene Galerie und veröffentlichten schöne poetische Ausgaben  auf Reispapier, die heute noch in amerikanischen Archiven gehütet werden  und unbezahlbar sind, wie ich feststellen musste. Vielleicht fällt es mir deshalb so schwer, mich zu erinnern, weil ich das alles eines Tages zurückgelassen habe, die ganzen Schätze, und mich endlich nach Indien aufmachte, mir allerdings meiner Rückkehr nach Kathmandu sicher war. Aber ich bin nie wieder dort gewesen, sondern eben dieser Kleinbus, in dem auch Tracy saß, die uns geradea an Ostern besucht hat, hat mich an den Ort geführt, an dem ich dann wirklich sehr lange blieb, sozusagen bis neulich. Dass unser österliches Wieder-Sehen so angenehm und bereichernd war, lag wohl daran, dass wir auf unsere eigene Art und Weise gereift sind und uns von der Herzgegend her mit wohlwollenden Blicken betrachten.

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