(über)leben

Am Ende der vergangenen Jahre hat mich selten der Reiz ergriffen, noch einmal  alles durchzustöbern, was war und was nicht war, oder auf einem der Geräte die Weltkugel tanzen zu lassen und zu sehen, was nicht alles ausgebrütet wurde und zu diesem und jenem führte. Interessanter war vielleicht im Rahmen einer gewissen Automatik zu bedenken, zu was ich mich selbst führte, oder was mir so gar nicht zu gelingen schien. Die inneren Prozesse also, für die man verantwortlich ist. Das Jahr 2022 aber hatte es wahrhaft in sich, global und persönlich. Das Bild oben habe ich heute gewählt, weil  eine Schnur im Wasser liegt, und obwohl das Wasser gar nicht tief ist, kann man sich daran festhalten, oder man kann die Schnur loslassen und sich dadurch freier bewegen. Ja, der Krieg sitzt uns immer noch im Nacken. Es war beklemmend, noch einmal in solch drastischer Klarheit vorgespielt zu bekommen, wie ein Mensch, oder sage ich lieber Mann, ein einzelner Mann also derart viel Unheil anrichten kann, dafür fehlt offensichtlich ein Maßstab, den man anlegen könnte. Vieles deutete auf emotionale Entgleisung hin, und immerhin standen halbe Völker hinter ihren Entgleisten. Wenn man glaubt, d e n Führer gefunden zu haben, der einem die Last des eigenen Denkens erleichtert oder gar abnimmt, dann muss es schwer sein, die Schnur loszulassen, die man als Halt in der Blase so dringend brauchte. Also hält man lieber die fake news zusammen bis zum bitteren Ende. Kann es tröstlich sein, dass irgendwann alles enden muss?, inklusive man selbst in der großen Datei des Unergründlichen, das sich dem Fassbaren gerne entzieht. Ganz und gar unfassbar kam auch (für mich persönlich) der Tod von geliebten Wesen des Weges. Immer noch starrt es mich an mit rätselhaften Augen. Ah ja, der Tod, der fast die Liebe gefährden kann, aber nicht wirklich. Sind wir nicht auch Meister und Meisterinnen der Quantensprünge, dunkle Wander*innen im schicksalsgeprägten Höhlengestein, dann natürlich auch Denker und Denkerinnen im klaren Licht des Erkennens, auch wenn es uns zuweilen wie aufgedrängt erscheint. Denn wie kann ich dich vergessen, du entschwundener Mensch, und du, meine feline Begleiterin von so vielen Tagen und Nächten. Es geht nicht so leicht, das Leben ohne euch ganz wieder herzustellen. Aber die Freunde waren auch da, ich verbeuge mich in tiefster Dankbarkeit vor dem Segen der Freundschaft, der sich den Vergleichen entzieht. Zum Glück und nur wegen euch muss ich mir nicht vorstellen, ob ich dieses Jahr ohne euch überlebt hätte.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert