8. März

Da ich den Frauenwelttag meistens in Indien verbracht habe, ist er für mich von dortigen Anekdoten geprägt, wo sie, die Frauen, freie Busfahrten zur Verfügung hatten und extrem vollbesetzt ins jeweilige Irgendwo fuhren, zu Verwandten oder heiligen Stätten oder beides. Eines der Bücher, die in meinem Wegtu-Karton gelandet sind, trägt den Titel „Der Mythos Frau“. Ich konnte mich nie durchringen, es zu lesen, so wie ich vermutlich ein Buch namens „Mythos Mann“ auch nicht hochmotiviert öffnen würde, als könnte dort bei allen Überraschungen, die stets möglich sind, doch noch etwas stehen, was einen so richtig verblüffen würde. Dass Sigmund Freud  aussagte, die Frau sei auch für ihn ein dunkler Kontinent geblieben, kann einen schon erstaunen, da er so viele von ihnen auf einer Couch liegen hatte, wo sie angeregt wurden, alles zu sagen, was sich ausdrücken ließ. Es sieht in der Geschichte der Menschen tatsächlich so aus, als wären die Männer selten auf die Idee gekommen, den Sprachfähigkeiten der Frauen  freien Raum zu lassen, und das Ausmaß unbezahlter oder nicht gleichberechtigt bezahlter Arbeit hat in seinem Schattendasein nichts an Groteske verloren. Allerdings gab es sie auch immer, die Frauen, die allen Widrigkeiten zum Trotz zu dem kamen, was sie für sich selbst als angemessenen Ort empfanden, nämlich sich selbst als das Aktionsfeld, für das sie geeignet waren. Man konnte sie auch schon immer in Armeen finden, und zuweilen bestanden diese Armeen nur aus Frauen. Eigentlich kann man sie überall finden, in hoch angelegten Positionen im Außenbereich, und in oft noch höher angelegten Positionen im Innenbereich, wo das kelchlos Gemeisterte sich oft genug in Runen und Raunen verlor. Und natürlich in Ruinen auch, denn daraus fliehen dann Frauen und Kinder, wenn Männer mal wieder Lust auf totale Vernichtung haben, vielleicht, weil sie (die Männer) für ihre Selbstwahrnehmung immer ein paar Zentner zu klein waren oder sonst was nicht richtig lief. Deswegen sehen wir heute, wenn wir noch Kraft zum Hinschauen haben, vor allem Frauen und Kinder in andere Länder fliehen, deren Traumatisierungen wir schon von eigenen Eltern hörten oder von anderen Kulturen her kennen. Auch die afghanischen Frauen waren auf dem Weg, ja wohin, man kann es doch nur zu sich selbst nennen, so, als müsste das extra genehmigt werden, dass man sagen kann, wer man ist und auf selbstverständliche Weise tut, was man kann. Aber nun wachsen durch die Brutalität des Krieges wieder sehr viele Kinder in Räumen auf, die ihnen nur entsprechen, weil sie in Not sind. Her geht es um nacktes Leben und den Schutz dessen, was nicht vernichtet wurde. Zum Glück hat ein nicht geringer Teil der Menschheit die Bürde der Reife  auf sich genommen. Dadurch entstehen neue Schutzgebiete, und das ist immerhin keine schlechte Nachricht.

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