einbüßen

Man bereitet uns darauf vor, dass wir einbüßen werden müssen. Es muss das erste Mal sein, dass ich das Wort „einbüßen“ schreibe, es klingt seltsam fremd und fast religiös, und kommt sicher auch von „Buße“. Nun ist bereits viel Denken am Werke, wie sich diese Einschränkung(en) auf unser Leben auswirken können. Schon staunt man über die Zahlen an den Zapfsäulen, was vermutlich dazu führen wird, dass viele Menschen auf Züge und Busse oder Fahrgemeinschaften umsteigen werden. Vielleicht wird es auch ein natürliches Tempolimit geben, und ich merke ein erhöhtes Interesse bei mir, an die Lichtschalter zu denken, also wenn man sie wirklich ausschalten kann. Durch die Coronawellen sind wir schon in vielem geschult worden, was Einschränkung anbelangt, und das hatte durchaus seine angenehmen Aspekte. Vor allem im sokratischen Sinne, dass es eben auch anregend sein kann zu bemerken, wie viel es gibt, was ich nicht brauche, ohne dass es in schmerzhaften Verzicht ausarten muss. Neulich meinte ein Kommentator, Europa müsse sich mal aus der Antike lösen, das mag ja in anderem Kontext seine Richtigkeit haben, aber ich denke eher an einen Kreislauf der Menschheitsgeschichte, in dessen Verlauf es sich zeigt, dass bestimmte Ideale des Denkens und Kontemplierens sich eines Tages auf überraschenden Wegen umsetzen könnten. Zum Beispiel, wenn Menschen entdecken, dass ein bewusst gesetztes Genug durchaus mit einem Genuss zu verbinden ist. Natürlich hängt alles, was ich erlebe, von der Einstellung ab, die ich damit verbinde, oder wie ich unvermeidliche Veränderungen akzeptieren kann. Man kann sich ruhig einmal klar machen, welchen uneingeschränkten Zugang wir immer noch zu allen Dingen haben, die unser Herz begehrt, oder ist es gar nicht das Herz, das das alles begehrt. Es ist einfach alles da, weil es unsere Nachfrage bedient, vom gepeinigten Schwein bis zum Luxusschlitten und darüber hinaus. Reichtum hat ja auch was Schönes, weil es viel ermöglicht, was sich sonst nur träumen ließe. Aber nun hat etwas Neues begonnen, das wir noch nicht so richtig denken können, weil die Erfahrungen noch im Schlepptau von Nachrichten sind, die man für sich ausloten lernen muss. Wie leicht kann man überwältigt werden vom Unbegreiflichen, und man daher das für einen Begreifliche dosieren muss, damit es einem bei strahlendem Sonnenschein keinen schwarzen Strich durch den Alltag macht. Die Sorge vor etwas, das sich in vagen Gebilden im Herannahen befindet, die vorgezogene Sorge also, die eher belastend als hilfreich ist. Trotzdem muss es nicht falsch sein, sich auf ein freiwilliges Verzichten vorzubereiten, denn es kann ja nicht schaden zu erkennen, was einem wirklich wichtig ist. Warum auch immer dieser Krieg so einen Unterschied macht für uns alle,  wird von der Welt, also von uns Lebenden, auf längere Zeit hin verstanden werden. Wir stehen ja nicht draußen und schauen rein, sondern wir sind es, die drin sind, also mitten im Handlungsfeld.

 


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