wieder…

Da ist sie nun also wieder, die Weihnachtszeit. Online-Geschenk-Bestellungen stehen noch höher im Kurs, Geschäftsleute verlegen das Beten auf die Eingangstür ihrer Läden, ob auch genug kommen werden und kaufen und sicherstellen, dass Wünsche umgesetzt werden. Man kann das natürlich auch alles anders machen, aber vielleicht kann man es gar nicht, denn wie soll das gehen. Bei uns im Haus gibt es die Idee und ihre Umsetzung, dass alle finanziell etwas beisteuern, und mit dem Beigesteuerten ersteht man etwas Gemeinsames, das erleichtert schon einiges. Dieses Jahr gibt es auch keinen Baum, wir haben das Geschenk unseres Grafik-Kunden dankend abgelehnt, er zieht Bio-Weihnachtsbäume heran. Zum ersten Mal habe ich allerdings verstanden, warum der Tannenbaum so geehrt wird, na, weil er nicht nur zur Sommerzeit grünt, sondern auch im Winter, wenn es schneit. Er steht also für Lebensenergie das ganze Jahr hindurch, weswegen er und die vielen anderen dann gefällt werden und in den Räumen herumstehen, bis man sie wegwerfen kann, „mission accomplished“. Hat man allerdings eine heilige Familie zur Hand, passt die natürlich herrlich unter die Tanne, haben wir aber nicht. Eigentlich bleibt einem nichts anderes übrig, als den Rahmen zu erschaffen, der einem entspricht. Das heißt noch nicht, dass inmitten dieses Rahmens eine Substanz sich formiert, aber immerhin hat man dann ein Spielfeld. Das Wort „man“ bezieht sich hier auf Menschen, die keine oder schon erwachsene Kinder haben und wählen können, wie sie ihre Zeit verbringen, ohne sich unnötigem Druck auszusetzen. Man muss sich mal überlegen, wie lange wir schon in einem Frieden leben, den sich davor keiner mehr vorstellen konnte. Davor eben, als Krieg war und kein Licht mehr schien in der Nacht, nur noch Asche. Jetzt glitzert alles wieder, die meisten Menschen in diesem Land haben genug zu essen und können ihr eigenes Leben gestalten. Wissen die meisten Menschen, dass sie ihr eigenes Leben gestalten können? Wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind, kommt nicht automatisch die Substanz dazu. „Was gibt dem Leben Sinn“ kann man auf der neuen Titelseite der „Zeit“ lesen. Hat es denn keinen? Und ist das vielleicht das wahrlich Beängstigende, dass es unter Umständen tatsächlich gar keinen hat, also keinen fixierbaren Sinn, ein letztes Erklärungsangebot, eine letzte Fassung des Wahren, statt immer nur Vorletztes zu sein, hinter dem noch was herkommt, was wieder Fragen aufwirft, die einem uralt vorkommen, bis man sie brandneu erlebt. Hauptsache, man denkt nicht nur ans Essen, nichts gegen gutes Essen. Was nennen wir gutes Essen? Das ist alles nicht mehr so einfach zu benennen, aber immerhin kann man es kaufen. Inhalt hat ja mehr mit dem zu tun, was man nicht kaufen kann. Man kann sich auch nicht freikaufen von Ritualen, die einem nichts mehr bedeuten, nein. Erfinderisch könnte man an die Sache herangehen und aufmerksam beobachten und wahrnehmen, was sich so tut unter Menschen, mit denen man in Kontakt und Berührung kommt. Um was geht es uns und kann man es finden. Bei einem bestimmten Grad an Liebesfähigkeit fallen die Sorgen weg, man kann sich zutrauen, eine authentische Einstellung mitzubringen in das Wasauchimmer. Wenn man nicht zu viel Sinn hineinpackt, kann es doch gar nicht wirklich schiefgehen. Und was bedeutet schon „schiefgehen“ im Gegensatz zu: es ist, wie es ist.

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