boostern

Über das „Geboostertwerden“ wird nachgedacht. Muss man, soll man, will man. Nein, aber man tut es trotzdem. Mein kleiner Covid- Nebenkäfig hat damit zu tun, dass ich weiß, dass ich diese Krankheit nicht möchte, deswegen werde ich mich vermutlich locker umsehen nach einer Boosterquelle, von der ich erwarte, dass mein schwächelndes Anliegen wie das Haar durch die Butter geht, nämlich zügig. Die Entscheidungen bleiben einem nicht  deswegen nicht erspart, weil man sich in direkter Konfrontation mit dem Virengeschehen empfindet, nein, sondern nach wie vor hat es mit bestimmten Lücken in den Gehirngängen zu tun, die man sich erhalten möchte, indem man nicht unnötig lange in der lähmenden Hängematte zwischen Ja und Nein herumlungert und dann doch irgendwas durch Zögern entschieden hat. Und auch wenn man selbst durch die Umstände nicht gravierend betroffen ist von den viralen Vorgängen, kann man trotzdem sicher sein, dass sich auf den verborgenen Ebenen sehr vieler Menschen eine weitere Druckwelle ansammelt, um in noch ungeahnten Formen ans Tageslicht durchzubrechen. Hässliche Worte, die sich ins sprachliche Wortbild eingeschmuggelt haben, wollen eigentlich vergessen werden, und stattdessen kommen immer neue Worte dazu, die ein empfindsames Ohr zusammenzucken lassen, wie zum Beispiel „boostern“. Dabei könnte man sich mit „auffrischen“ noch eine Doppeldeutigkeit zimmern, denn wer wollte nicht etwas auffrischen in dieser medial düster gezeichneten Lage. Denn eine pandemische Lage darf es ja auch nicht mehr sein, man will das Volk ja nicht erschrecken und mit neuen Lockdowns drohen, die niemand mehr verkraften kann. Und natürlich wollen Familien, denen und deren Kindern es schlecht ging, nicht all den Geschichten zuhören von denen, denen es gut ging. Mir zum Beispiel ging es gut, und auch als Ungeimpfte wäre ich nicht sonderlich erschüttert darüber, dass ich gerade nicht da hineindarf, wo alle wieder hinwollen. Aber neben der Tatsache, dass ich auch sehr gerne mal in guter Gesellschaft im Restaurant esse, cultura pura, muss ich zum Glück nicht auf Stadionbesuche verzichten, auch wenn ich mit meinem Impfpass hinkönnte. Ich kann ja als 2G-lerin überall hin, was wiederum heißt, dass ich eine gewisse freie Bahn habe, die nicht zwangsläufig ein Irgendwohingehenmüssen beinhaltet. Da ich aber zum Beispiel eventuell doch noch nach Indien will, frage ich da öfters nach, wie die Lage ist. Die mit mir befreundeten Personen behaupten, Covid, der die Rolle der finsteren Macht an der Wurzel der Essenzen übernommen hat, sei besiegt. Wer’s glaubt, wird genau so wenig selig wie von anderem Glauben. Und stichhaltige Beweisführungen gibt’s auch selten, und selten haben sich Gut oder Böse eindeutig bewiesen, wenn es sie überhaupt in einer Eindeutigkeit gibt. Und so nehme ich meinen Stab und bewege meinen Nachen gleichmäßig durch Unter-und Oberwelt. Manchmal, wenn ich in der Matrix an Land gehe, kann ich da sehr wohl die Schönheit und Bedeutsamkeit des Seienden gebührlich wahrnehmen. Ungesehen berührt meine innere Hand den Staub der gebeutelten Erde. Wie meinte doch neulich der Soziologe Harald Welzer, dass das ganze Erleben eben keine Probe sei, sondern das ist es: die Hauptvorstellung.

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