neu werden

„Was neu wird in Deutschland“ ist der neue Titel der „Zeit“, die gestern hereinkam und noch ungelesen auf dem Tisch liegt. Ich interessiere mich gerade für die Wirkung dieser Titel, weil sie mir vor allem in der letzten Zeit so vorkommen wie die Stimme des Volkes, in ein Haiku gepresst, sodass es einem sozusagen jenseits der Vernunft etwas zu verstehen gibt, was nur auf diesem Wege möglich ist. Was natürlich auf jeden Fall neu wird ist, dass mehr junge Menschen an die politische Front kommen. Sie haben den Klimawandel für sich entdeckt als eine verständliche Empörung gegen die Ausbeutungssucht ihrer VorgängerInnen, und nun laufen überall die Klimarettungsmaschinerien heiß, damit man punkten kann mit einer gewissen Vortäuschung an Erwachen, oder wittert man hier die potentielle Macht zukünftiger Finanzen. Zur Frage steht nach wie vor, ob Jung oder Alt noch Zeit haben, neu zu werden, und was ist denn das: neu? Vor der schwierigen Beantwortung dieser Frage oder dem Versuch  davon gibt es noch andere Sätze, die man auf Plakaten über die Zukunft lesen konnte und kann.  Da erkennt man, dass Verwandlung sein muss, unbedingt, denn s o kann es nicht weitergehen. Im indischen Denken gibt es diese Idee, dass es gerade in der Zeitphase der überwiegenden Verfinsterung aller Werte und Welten, die bekannt sind, eine Besonderheit gibt: und zwar wird es so gesehen, dass der Leidensdruck auch eine Gegenreaktion hervorbringt und somit eine Möglichkeit der Bewusstwerdung erzeugt, die zuvor nicht möglich war. Alles, was gewusst werden möchte, kann zu dem Grad, wie es möglich ist, gewusst werden. Der geistige Lösungsdruck ist groß, und so manches Wundermittel verspricht Heilung, wo vielleicht keine mehr möglich ist, aber auch das hängt ab von vielen Faktoren, und hier wird es ja spannend. Denn ob der Plan gelingt, dass der Mensch auf dem Planeten, auf dem er sich vorfindet, weniger Unheil anrichten wird, das steht in den Sternen, und auch dort steht es nicht. Es ist immer wohltuend, wenn frisches Geistblut durch die Synapsen rinnt, aber alles drängt danach, sich auch zu manifestieren, und da taucht wieder die Zeitfrage auf. Manchmal hört man von Menschen, die etwas Tiefgreifendes durchlebt haben, dass sie sich wie neugeboren fühlen. Irgendwas, was sich eingenistet hat, fällt weg und hinterlässt Raum. Doch herrscht die Neigung vor, schnell wieder etwas hineinzufüllen und die Verdauungsproblematik setzt ein, die zu Überlastung und Überforderung führt, und so nimmt man gerne das Ganze als eine Leere wahr, eine bestimmte Form der Leere, die nicht wirklich eine ist, die Neues hervorbringen kann, sondern es ist die Leere der geistigen Überfütterung, und ohne roten Faden irrt der Geist durchs Labyrinth der Anforderungen, und die Resonanz zu ihnen bricht ab. Wenn ein Mensch sagt „ich kann nicht mehr“, hat mal jemand gesagt, soll man auf ihn hören. Deswegen wird es vermutlich ein bisschen was Neues geben in Deutschland, weil manche noch können, mal schauen wie lange. Außerdem sind wir, bzw. ich, auch nicht frei von Verantwortung, und man kann ja durchaus tieferes und souveränes Tüfteln ans Herz legen. Da kommt ganz sicher öfters mal was Neues dabei heraus.

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