Recht

Immer noch tun wir oft genug so, als hätten wir’s nicht gewusst. Aber wir haben es nicht nur gewusst, sondern wir wissen es auch jetzt noch: dass immer noch dunkelhäutige Menschen im Meer versinken oder auf den Straßen des reichsten Landes der Erde niedergeschossen werden wie Tiere. Auch vom illegalen Niederschießen der Tiere wissen wir viel, oder vom Bruderhähnchenmord undsoweiter. Es gilt ja, die Ohnmacht anzuerkennen, allerdings auch das mir Mögliche. Im mir Möglichen gibt es noch Spielraum. Aber Spielraum kann es nur sein, wenn ich es erfühle. Nicht, wenn ich es bedenke, obwohl auch das nicht immer schadet. Nur kommt mir ‚Ich staune, also bin ich‘ naheliegender vor und zeitgemäßer. Staunen hat etwas Schönes, über die Dinge Schweifendes. Man kann über die Intelligenz der Menschen staunen und über die vielen sichtbaren Zeichen ihrer unbändigen Schöpfungskraft, und man kann über die Dummheit staunen, die sich gerne überall d a breitmacht, wo sie durch unüberprüfbare Vorkommnisse und Zustände zugelassen wird, das kann einen schon überraschen. Zuweilen entgleitet einem auch das Staunen, und man sieht es in eine Art von Erschrecken gleiten. Man kann zum Beispiel nicht wirklich über das Feuer im Flüchtlingslager Moria staunen und weiterhin rumrätseln, wer es wohl gelegt hat. So, als könnte eine/r von uns so was aushalten, obwohl auch hier Unvorstellbares ausgehalten wurde, bevor wir uns alle im Schlaraffenland des Alleshabenkönnens vorgefunden haben. Allerdings ohne es richtig zu merken, denn auf den Bildschirmen ist die Hölle los, da meint man vielleicht ganz schnell, man säße auch irgendwie drin. Man sitzt ja drin, das kann man nicht leugnen. Man sitzt drin, und allein dadurch, dass man d a ist, macht man mit. Vor allem in Zeiten, wenn die eine Seite der Waagschale überzuquellen scheint von dunklen Geschäften in finsteren Tunneln, muss man sich geradezu selbst ermuntern, auf der anderen Seite s selbst mal ein Körnchen zu manifestieren, das im hellen Licht der Sonne eine Chance hat zum Gedeihen. Schwerer, belehrte uns Nelson Mandela, ist der Weg hin zum Lichten, oder wie man es nennen will. Leider bin ich nicht mächtig genug, um Herrn Tönnies das Handwerk zu verbieten, aber er kann ja auch nicht meine Einstellung durchkreuzen. Unmenschlichkeit ist  außerdem gar keine Macht, es sieht nur leider oft so aus. Nun, da durch die digitale Revolution alle Fenster geöffnet sind, sitzt der buddhistische Mönch direkt neben dem Komödianten, und man darf ruhig mal staunen, wie nah sie sich sind, und als würde jede/r auf seine oder ihre Weise auf dasselbe zugehen, und um das Recht, sich selbst zu sein, weiterhin zu kämpfen. Denn niemand kann einem vorschreiben, wer man sein soll, wenn man sich im Spielraum des menschlich zu Akzeptierenden aufhält. Und niemand, fällt mir jetzt natürlich der Satz von Hannah Arendt ein … ’niemand hat das Recht zu gehorchen‘.

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