gut

Das Wort ‚gut‘ ist, wenn es nicht für irgendwelche Ziele  missbraucht wird und dadurch Misstrauen hervorruft, eigentlich ein sehr schönes Wort, nur drei Buchstaben, schlicht und klar. Aber ’schön und gut‘ wird schon als genervtes Wortbündel benutzt mit einem hoffnungslosen Unterton: na gut, wenn’s sein muss. Oder als Wortanhängsel wie in ‚Gutmensch‘, wo es unerträglich wird, weil es genau das Gegenteil von dem ausdrückt, was ursprünglich damit gemeint war, oder in unheilsamer Symbiose die Essenz des Ganzen verwischt und verliert. Kamala Harris ist eine gute Wahl von und für Joe Biden, aber nicht, weil sie ihn bei der Arbeit schmücken kommt, sondern weil sie ihr eigener Herr ist, wenn ich das hier genderfreundlich sagen kann. Und wenn es Joe Biden gelingt, seinen (nennen wir’s einfach mal so) weiblichen Aspekt lebendig zu halten mit einer gewissen Zurückhaltung, die Trump gerne ’schläfrig‘ nennt, den ‚Schläfrigen Joe‘ nennt er ihn, und brennt vor Wut, dass nun eine kraftvolle Flamme zu dem gestoßen ist, die ihm, der keine eigene hat, gefährlich werden könnte. Aber nicht nur  e i n e  Kraft sieht man da auf einmal im demokratischen Lager wirkungsvoll auftauchen, nein, denn nun ist neben Nancy Pelosi eben Kamala Harris aufgetaucht, und auch sie ist wieder da, Michelle Obama, die Raubtierbändigerin, nicht ihrem Mann gegenüber, sondern der Meute gegenüber, die durch sie ganz ohne Peitsche und überhaupt durch die Glaubwürdigkeit und Menschlichkeit der Obamas gezähmt wurde, egal, wieviel dem einstigen Präsidenten damals nicht gelungen ist. Immerhin haben sie ihn nicht gekreuzigt, davor hatten wir am meisten Angst: dass er ein weiteres Opfertier werden würde auf den Altären des Wahnsinns. Und das ist nicht nur Amerika, sondern das ist großes Welttheater und eine Sternstunde des globalen, politischen Spiels. Durch die kriminellen Strukturen des Trump’schen Missmanagements also ist es ermöglicht worden, dass die reflektierenden Geister erwacht sind im Angesicht notwendiger Handlungen. Es hat den ersten Weißhaus-Journalisten gegeben, der es gewagt hat, Donald Trump zu fragen, ob er es nicht bereuen würde, das Volk derart belogen zu haben. Endlich, sagte er, hatte er die Kraft, die Frage zu stellen. Ob es wohl jemanden um Hitler gab, der ihn fragen konnte, ob es wirklich nötig wäre, so viele Juden zu ermorden?, oder gar selbst zu grübeln anfing mit dem ‚warum wohl‘. Und das sogenannte ‚Böse‘ ist in der Tat oft schwer zu erkennen, weil es eingebettet wird in das rituelle Banal der Diktaturen, bis genug Profiteure und Herumkriecher wissen, dass sie sterben werden, wenn sie ihr Eigenes denken, bis davon nichts mehr da ist und man mithilft, Gaskammern zu bauen, weil man es für richtig hält. Trump mag strohdumm sein, aber gerade deswegen ist er so gefährlich, so banal, so durchschaubar. In dieser Wahl und anhand dieses Systems können wir also jetzt beobachten, was passiert, wenn ganz offensichtlich dunkle Machenschaften sich ungeniert manifestiert haben und nun andere Kräfte auf den Spielplan gerufen haben, die sich bemüßigt fühlen, dem entstandenen Schaden entgegen zu wirken. Möchte man denn nicht, dass das ‚Gute‘ die Führung übernimmt, jetzt nicht als Halbgott oder Coachmeister, sondern als Mensch, und heißt das nicht u.a., Führung für sich selbst zu übernehmen, damit ich die Anderen für mein Verhalten und Sein nicht (mehr) verantwortlich machen muss. Ich kann nur empfehlen, sich die Rede von Michelle Obama von gestern Abend anzuhören und anzuschauen, denn ihre Rede ist wirklich gut, und man bekommt durch sie ein Gespür, was auch in Amerika wieder geheilt werden kann. Und gut, dass Bernie Sanders sich hinter Joe Biden stellt, und gut, dass Obama in dieser Inszenierung wieder eine wichtige Rolle spielt. Großes Theater!

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.