aufatmen

Bildergebnis für Durga 

(Diesen Text habe ich vor einigen Jahren geschrieben und heute
früh in meiner Aufbewahrungstruhe  entdeckt).

Die indischen Götter dienen dem großen Gemeinsamen.
Sie sind liebevoll, großzügig und vielschichtig.
Das wäre schon gelacht, wenn hier jemand seinen oder
ihren Gott nicht finden würde. Sie sind ein erotisches
und bewegliches Gegenüber, eine Beruhigung der Sinne,
eine Entspannung im Daseins-Taumel. Die indischen
Götter lieben und werden geliebt. Sie halten das ganze
Gefüge gnadenreich aufrecht, man kann mit ihnen
rechnen. Sie beleben die Dinge von der Seifenpackung bis
ins hohe Abstraktum. Was gäbe es da für einen Grund,
zum See zu kommen, wenn die nicht mehr rufen.
Nicht mehr sind. Verschwunden. Erloschen die hohe
Struktur ihrer Daseinsfähigkeit. Dann ist der Mensch
ohne Götter. Ohne Gott. Keine bevölkerten Himmel, kein
Entzücken beim Hören der Ramayana.
Die Epen grotesk finden.
Epenarm werden.
Oder Papagei sein.
Die Sonne und den Mond nur als Sonne und Mond sehen.
Nur? Ja, genügt denn das nicht? Sind sie etwas kein
Wunder? Brauchen sie Kutschen und Gewänder?
Braucht die Frau zuhause eine Götterpuppenstube, wo die
Herrschaften herumstehen in ihren Prunkkleidchen und
den Babyförmchen, damit alle, wenn sie traurig oder
verzweifelt sind, etwas zum Liebhaben haben?
Wenn die Gottheiten dann in den mobilen Netzwerken
auftauchen, ist immer noch eine Spur von ihnen
vorhanden. Im digitalen Display  ist ihr vorletzter Auftritt.
Der bereitet die Menschen auf das Gottlose vor. Auf den
Ur-Schock, nur Mensch zu sein ohne höheren Halt,
nur Universumsprodukt am Partikel-Fließband,
ein totales Sich-selbst-überlassen-werden ohne Ausweg,
ohne Ausflucht. Ohne jemals zu wissen, woher und wohin
die Reise kommt und geht. Niemand, der es weiß.
Keiner, der es einem erklärt.
Aufenthalt im Ungewissen.
Da bewegt sich Freude im Herzen.
Unbedenkliche Freiheit breitet die Flügel aus.
Das Leben regt sich und atmet auf.


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