Shanivar

Pünktlich zum Samstag (Shanivar): das Bild mit der Opferschale, mein Saturn-Podium, auf dem Frauen erlaubt sind und sehen können, was sie möchten. Ich denke, dass mein System auch verarbeitet, was mein Kopf erstmal ungern zulässt, und seine eigenen Bilder findet. In der langen Zeit, die ich in diesem Land verbracht habe, gab es Jahre, wo ich auch nicht blind war den Missbräuchlichkeiten gegenüber, die sich in meiner Umgebung abspielten. Ich bin auch einer Vergewaltigung entkommen und weiß, dass selbst darin, im Beinahe, ein Trauma lag, Dass aber jetzt viel mehr zu verarbeiten ist auf der finsteren Seite, will man nicht   Mitgefühl und Leidensfähigkeit abstumpfen lassen, liegt einerseits an der Zeit und ihren Menschenmassen, die sich den Planeten auf eine abgründige Art und Weise einzuverleiben versuchen, und andrerseits ganz persönlich liegt es für mich an der Zeit des Abschiednehmens von dieser großen Kultur, die beginnt, mir mehr Schrecken einzujagen als diese Zustände, die wir Indienreisenden- und liebenden so geschätzt haben. Dieses mächtige, lebendige Geheimnis, das sich nun selbst entschleiert. Und genau wie man sich vorstellen kann, dass viele Menschen in Deutschland vor Hitler nicht grausam und mörderisch waren, so muss auch Z.B. dieses abartige Phänomen der Gruppenvergewaltigungen nicht in den Gehirnen der Männer herumgegeistert haben, sondern es ist hervorgelockt worden und ausgebrochen wie eine Krankheit, für die niemand eine Medizin hat. Gestern sind 18 Männer verhaftet worden, die alle über eine sehr junge Frau herfielen, nicht weit von hier, wo ich wohne. Wie kann das sein.  Und weil es sein kann, denke ich jetzt ganz im hinduistisch prophetischen Sinne, dass es noch viel schlimmer werden wird, so schlimm, dass es auch noch den letzten Träumer erweckt. Oder ist es schon so schlimm, und kein Träumer erwacht? Ich weiß auch, dass es nicht nur hier so ist, denn wir wissen doch alle von den vielen Folterkammern, die eingerichtet wurden und werden an vielen Orten, um dem menschlich Entgleisten eine Bühne zu geben. Doch Indien hat mich oft, im Hellen wie im Dunklen, in die Nähe der Dinge gebracht. Hier kann ich sie spüren, die Trauer um das Verlorene, auch wenn es nichts ’nützt‘, dem Verlorenen nachzutrauern. Es ist auch irgendwie undenkbar, dass man gelassen am Rand der Hölle herumhängt im Wisen, dass das auch eines Tages vorübergeht, und halt jede/r sein oder ihr Schicksal abarbeiten muss. Und man sich nicht nur an Dantes Göttliche Komödie erinnern kann, sondern an einen Satz aus der Meditationspraxis, den Außenstehende oft schwer verständlich fanden, nämlich ‚Stirb, bevor du stirbst‘, vermutlich, weil man dann, nach dem Durchschreiten des Illusionstodes, etwas lockerer am Höllenrand herumwandert? Wenn man weiß, dass man nicht wirklich helfen kann, nur anwesend sein und den Gefühlen Raum geben, wenn sie ihn brauchen. Und dass der Glaube an das sogenannte Wissen, das man meint zu haben, keine Behinderung darstellen sollte, wenn man noch überrascht werden möchte von der kosmischen Schönheit und ihrer unverkennbaren Eleganz.

 


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