finster

Dann gibt es die Momente, wo man sich überlegt, wann es angebracht ist, ein Land zu verlassen. Die Masse der Flüchtenden auf diesem Planeten zeigt, wie aktuell das Thema schon immer war und ist, und dass es entweder die Natur oder die Natur des Menschen ist, die andere Menschen veranlasst oder zwingt, ihre vertrauten Orte zu verlassen, und ausgeliefert zu werden an die Kälte und Unvertrautheit des Fremden. Wenn die Entscheidungen nicht frei sind, dann ist das Resultat selten erfreulich. Dann gibt es die ganz persönlichen Momente, wo man etwas bedenken muss, was schwer zu fassen ist und doch bedacht werden muss, wenn auch nur, um sich der eigenen Illusionen zu entledigen, bzw. sie sorgfältig zu betrachten und günstigerweise zu durchdringen. Wenn eine Empörung sich in mir Platz macht, während ich hier in Indien bin, geht es meistens um die Schicksale von Frauen, die ich entweder direkt vermittelt bekomme, oder über die Zeitung. Es sind fast täglich Berichte von Missbrauch, Misshandlungen und Vergewaltigungen. Ist das nun wirklich anders in anderen Ländern, oder tut es nur da weh, wo man selbst eine vollkommen andere Erfahrung macht und sich wehren möchte gegen den Einbruch der Finsternis. Aber es ist eine Finsternis. Gestern war in der Times ein fast seitenlanger Bericht über das Leben von Frauen, die oft, erschreckend oft, schon als Kinder gruppenvergewaltigt werden, das Leid aber damit kein Ende hat. Sie werden gebrandmarkt und oft ausgeschlossen von der eigenen Familie. Nach der Entjungferung nicht mehr brauchbar. Bei der verzweifelten Suche nach Hilfe von Polizisten weitergereicht von Vergewaltigung zu Vergewaltigung, ist ja eh schon passiert, das Unglück. Wie kann man für all das Worte finden, und das Land verlassen als Reaktion auf diesen Ausbruch kollektiver, männlicher Gewalt, was würde es nützen. Heute früh fiel mir mal wieder auf, wieviel Phallus-Anbetung hier betrieben wird, der erigierte Penis wirklich in allen Größen, meist aus solidem Stein, damit die Macht nicht einzuknicken droht. Alle lebendigen Kümmernisse der erträumten Realität überdauernd, und unter dem Steingewicht die wesentliche Yoni, der weibliche, selten erwähnte und gern übersehene Halt des ganzen patriarchalen Ausmaßes. Da kann man schon mal ins Fassungslose gleiten. Was sollen sie denn verstehen, die omnipotent erzogenen Gefährder, wenn schon ihre Mütter einen Gott aus ihnen machen. Gefährliche, bedrohliche Menschen, die  uns jetzt, obwohl wir gar nicht mehr hinhören, noch einmal die Welt erklären möchten, und wie es zu endlosen Überschreitungen kam, wo der Mensch jede Form eines Auftrags verliert. Hat er einen? Und wenn, welchen? Wenn es nun wirklich nur, in jeder Hinsicht, um das Menschsein an sich ginge? Und was es sei, und was man sich darunter vorstellen könnte und kann, und wie es erreichbar ist, und wie es aussieht, wenn es verspielt wird, das kostbare Leben, aus Mangel an Achtsamkeit.

( Da drüben im Dorf, zum Beispiel, lebt einer, der leiht Geld an Familien, die in Not sind. Wenn sie nicht rechtzeitig zurückzahlen können, bittet er sie, nachts ihre kleine Tochter zu ihm zu schicken. Das geht schon seit Jahren. Niemand rührt einen Finger, denn er hat politischen Einfluss.)


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