Mo. bzw. So.

Im Bild sehen wir einen von Genderfragen und Weltverhältnissen unbehelligten Raum-Tänzer bei der Morgen-Praxis. Nachdem das geklärt ist, kann es weitergehen. Nein, erst noch einen Schritt zurück. Vor Jahren habe ich aus verschiedenen Gründen entschieden, am Sonntag nicht hinauszugehen. E i n Grund ist, dass sonntags das Dorf mit Pilgern und indischen Touristen derart bevölkert ist, dass die Einheimischen im Gewühle untergehen. Viele indische Männer kommen auch in Gruppen, belastet und beladen mit allerlei unguten Phantasien, die sich meist nur in erhöhten Alkoholkonsum umsetzen, das ist eine Neuheit, zumindest hier im offenen Raum. Die Enthemmung hat ihren Preis. Es gibt ein neues Gesetz, das die Todesstrafe festgelegt hat. Für Vergewaltigung von Kindern bis 12 Jahren. Man muss sich mal vorstellen, wie viele Verbrechen begangen werden müssen, damit eine Regierung zur Abschreckung auf so einen Gedanken kommt. Todesstrafe, wenn das Opfer nach der Tat so geschädigt ist, dass es kein normales Leben mehr führen kann. Und sonntags lese ich dann, öfters zu meinem Bedauern in eigener Regie, zu lange die Sonntagszeitung. So habe ich tagelang nur flüchtig  die Schlagzeilen bzw. Schlachtzeilen um einen indischen Tempel in Kerala überflogen, ach nee, dachte ich, schon wieder!, und gestern habe ich es dann mal verstehen wollen, was eigentlich war und warum die Menge tobt und Tote hervorbringt in einem neuen Wahngebilde. Also die Regierung hat gesetzlich ein Gebot aufgehoben für einen Tempel, den Sabarimala-Tempel (nie vorher gehört), eine Göttin, der man irgendwann auch ein zölibatäres Leben andichtete, um die „Reinheit“ der Sache zu betonen. Nämlich war bis dato Frauen zwischen 10 und 50 Jahren der Eintritt ins Heiligtum verboten, man rate mühelos, weshalb. Ich habe mich schon öfters mal in den Jahren gefragt, wie d i e, wer auch immer es sei, überhaupt wissen, dass eine Frau in diese vor allem für Priestergehirne „unreine“ Phase kommt. In Tamil Nadu fragte ich einmal, warum manche Frauen ein gelbes Gesicht hatten, und man erklärte mir, sie müssten Kurkuma-Paste auflegen an den Tagen, damit jeder weiß, was los ist. Nun sind  also drei Frauen am Dienstbotennebeneingang des Tempels unter Polizeischutz eingeschleust worden, denn draußen stand eine tobende Meute usw. Die Namen der Frauen werden nicht genannt, und irgendwie müssen sie auch wieder rausgeschleust worden sein. Noch leben sie. Ich kann das nur als eine politische Aktion verstehen, alles andere wäre zu grotesk und zu unwürdig, und sollte keineswegs als feministische Heldenleistung angesehen werden. Auch die Hoffnung, dass die keusche Göttin die Gehirne der Gläubigen reinwaschen könnte, kann ich leider nicht haben, da mich Sabiramala nur im Kontext des indischen Erwachens interessiert, bzw. im Kontext des langen Wälzens im Schlaf. Da meine Internetverbindung nicht immer stabil ist, bekomme ich von der Weltpolitik meist nur die ‚Global Page‘ der Times mit, das reicht auch häufig. Gestern gab es unten auf der Seite einen Bericht darüber, dass die AfD „rot“ gesehen hat, als freie Karten ausgegeben wurden für den Film „Schindlers Liste. Es wurde erwähnt, dass AfD-Mitglieder die Nazizeit als einen Vogelschiss bezeichnet haben, in der englischen Übersetzung hieß das “ a speck of bird poop in more than 1000 years of successful german history“. Sowas könnte Narendra Modi auch sagen, und wahrscheinlich wäre bei ihm das vorhandene Grauen noch ein kleinerer „speck of bird poop“ im Angesicht der indischen Ewigkeit. Dann war gestern mal wieder so ein Tag, wo ich den Göttern (ja wem sonst) danken konnte, dass ich nicht raus musste (zur Arbeit), denn der Nebel war so dicht, dass erst am Nachmittag auf die schlecht gelaunte Menge, die sich durch den Bazaar quälte, ein paar Sonnenstrahlen fielen. Und das war nicht alles an guten Nachrichten. Die erste Geldsammlung des Marktplatzes war zustande gekommen, um die in diesem Monat beliebte und karmafördernde Leistung zu erbringen, stundenlang Pakoras (süße und scharf gewürzte Teigteile) in riesigen, mit gutem Öl sizzelnden Pfannen herzustellen und an jeden zu verteilen, der sie möchte. Mir lief schon vom Fenster aus beim Anblick der zufrieden blickenden PakoraesserInnen das Wasser im Mund zusammen, da brachte mir Mohan einen gehäuften Teller davon.  Wer nicht weiß, was leckere Pakoras sind, sollte unbedingt mal bei Lord Google nachschlagen oder sie mal in einem indischen Restaurant bestellen. Aber ob sie an den Genuss dieser göttlichen Gabe herankommen, muss ich bezweifeln. Was für ein Glück und was für eine Zufriedenheit hier verbreitet wurde. Gute, köstliche Ware, und alles für den Genießenden kostenfrei, denn die Geldgeber haben auch was davon. Stolz schauen sie auf das Resultat ihres Karmaliftes. Man freut sich doch auch über jedes gute Erleben und jede gute Nachricht.

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