being human

Ich bedauere ja immer noch das Verschwinden der Aufschrift „being human“ vom indischen T-Shirt, also „menschlich sein“, im Gegensatz zu „human being“, „Mensch“. Nun ja, nicht wirklich im Gegensatz, man nimmt einfach an, dass der Mensch „menschlich“ ist, und niemand kann es verneinen. Bejaht kann es erst werden, wenn einige der persönlichen Rätsel im Schicksal, einerseits gegeben, andrerseits gestaltet, zum Ausdruck und zum Bewusstsein kommen. Neulich habe ich einen Satz von Paul Celan gelesen, der immer noch nachklingt in mir: „Dichter ist, wer menschlich spricht.“Da ahnt man, dass das menschliche Sprechen nicht von selbst kommt, sondern im eigenen Dasein wird es mehr und mehr das Instrument, durch das lebendiges Bewusstsein seine Möglichkeiten der Manifestation findet. Sein Ursprung ist immer die gehaltene Stille, der gehaltene Raum, in dem eigene Sprache möglich wird. Auch mit der Skala menschlicher Wahrnehmung ist man allein. Das Photo oben in der Mitte habe ich um 8 Uhr früh willkürlich gemacht. Zufälligerweise waren die Dreckberge nicht sichtbar, die mich erstaunen. Niemand scheint hier zu kehren, die Straße ist jedermanns Abfalleimer. Eine lebendige Straße. Ich finde ein angenehmes Café, der Besitzer ist still und freundlich. Gestern Nachmittag war ich auch hier, sehr entspannte Atmosphäre.  Gegenüber schaut man auf einen Laden mit Produkten von Ramdev, einem erfolgreichen Yoga Guru, der zumindest vorgibt, reine Esswaren und Kosmetikprodukte auf den Markt zu bringen. Daneben ein „Rajasthani Music Emporium“ mit klassischen Musikinstrumenten, daneben ein muslimischer Lederwarenladen. Alles Erstaunliche passt in Indien so gut zusammen, dass man genau hinschauen muss, um es zu sehen: die gigantische Vielfalt der Formen und Farben, das große Drama des menschlichen Aufenthaltes, das Geheimnis seiner pulsierenden Kraft. Nach  Monaten in streng vegetarischem Gebiet, wo Eier und Fleisch und Alkohol verboten sind und wie Waffen über den Schwarzmarkt hereingeschleust werden, sehe ich ein brutzelndes Drehteil mit kleinen Körpern dran und realisiere, dass es Hühnchen sind. Alles ist da, jede Riksha bereit, dich irgendwo Hübsches hinzufahren. Wohlgestimmt vergehen noch einige Stunden vor dem Flug nach Deutschland. Dort soll der Frühling erste Zeichen setzen.

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