Moskito

Na, so ein eindrucksvolles Bild (Times) von dem Störenfried aller! Ein Volksfeind sozusagen, von dem der Dalai Lama mal sagte, auch ihm würde (in meinen Worten) manchmal die Hand zucken. Jeder ist allein, wenn es anfängt, um den Kopf herum zu summen, wenn man weiß, es ist da, das Moskito-Ungeheuer, und man weiß, jetzt hat man Glück, wenn man nochmal einschlafen kann. Die wärmeren Nächte bringen ja auch die Freude, mal keine dickeren Decken auf sich wälzen zu müssen, sondern nein, am liebsten gar keine, denn nun sind nicht nur die Tage heiß, sondern die Nächte warm. Dann auf einmal, vielleicht auch beim chai mit Lali, das Kratzen an den Fußgelenken. Sie navigiert mich aus der Ecke, da die Dinger das Dunkel lieben. Und das Licht natürlich, das sie hereinlockt. Inzwischen gibt es ein gewisses Interesse meinerseits an den Ideen der Regierung, wie man denn nun endlich voranschreiten könnte, die tödlichen Krankheiten einzukreisen, die durch das Tierlein verursacht werden. Ganz in der Nähe von einem sterben Menschen an Dengue, Malaria, Chikunguniya. Was heißt hier Nähe, sagt der konsultierte Arzt, das kennt doch keine Stadtgrenzen, das ist überall. Da ich eine Fensterverschleierin bin, kommt bei mir nie mehr als eines dieser potentiellen Todesträger durch, aber das reicht für den berühmten Moskito-Zustand. Wer will schon mitten in der Nacht aufstehen müssen mit einem Schuh in der Hand, das Auge hochkonzentriert in alle Richtungen ausgeweitet, bis die Phase der Halluzination eintritt. Hat man zufällig, wie ich neulich, eine Eidechse im Zimmer, vergisst man sofort, dass die ebenfalls Gift  im Kopf haben soll, und hofft, dass sie es ist, die das Moskitotier verschluckt. Schafft man es nicht bis zum Morgen, das Tier zu zerquetschen, kann man im Morgengrauen an den Vorhängen herumhängen und darauf lauern, das es hinaus will, wahrscheinlich getränkt und schwer von meinem Blut, denn irgendwann schläft man ja doch wieder ein mit dieser fatalistischen Neigung, für die vor allem Hindus, oft fälscherlicherweise, berüchtigt sind. Allerdings habe ich noch nie einen indischen Haushalt betreten, wo auch nur die geringste Anstrengung gemacht wurde, die Belagerung zumindest einzugrenzen. Man kann ja auch allen Mitgliedern einer Großfamilie schwerlich einbläuen, sich durch drei Musselinschichten zu bewegen, das fällt auch niemandem ein. Wenn Europäer, meist durch Heirat, in so einen Haushalt eingeschleust wurden, kann man in den Steckdosen des Hauses kleine Glasgebilde sehen, die eine Substanz in sich haben, die, erhitzt, Moskitos zum Verschwinden anregen sollen.  Ob man sie immer einatmen will, diese zähe, gelbliche Flüssigkeit? So zählt auch dieses Tier zu den Erscheinungen, die es einem erleichtern, ein Land, das man liebt, zu verlassen. Außerdem haben wir ja auch so ein Schreckgespenst in unserem Sommer, die Zecke. Auch Moskitos aus Asien sollen den Sprung nach Deutschland geschafft haben. Diese Tiere bringen einen in die Erfahrung, dass der Killerinstinkt in einem sich löst. Das ist nicht schön, wenn man sein eigenes Blut durch Mord an der Wand als Fleck sieht. Man ist dann noch nicht wirklich beim absoluten Ahimsa* angekommen.

*Gewaltlosigkeit

Das rechte Bild oben zeigt einen Mini-Flummi in einem Sonnen-Fleck auf dem Marmorboden meines Wohnraumes, eine Abstraktion von gesammeltem Menschenblut durch die Stechmücke.


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