dunkelhell

Gestern fiel mir diese Figur auf dem Bild ein, die oben auf dem Haus auf einer kleinen extra Terrasse angebracht wurde. Man hatte sie bei den Bauarbeiten entdeckt und zusammengesetzt. Da ich sie spät am Abend photographiert habe, fiel mir dieses Wort „dunkelhell“ ein, das irgendwie zu meiner momentanen Weltwahrnehmung passt, da ich denke, es wird bis auf weiteres dunkelhell bleiben im Gemüt, da es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass die allgemeine Lage sich durch kollektive Einsicht aufhellen wird. Nun kann man wirklich an jedem Tisch besorgt mit Anderen die Stirn runzeln, denn jede/r ist direkt betroffen. So habe ich mit Freude wieder die offenen Läden im Dorf gesehen, in denen die Verkäufer im Schneidersitz den Tag verbringen und ihre Waren aushändigen. Aber der Verkehr vor ihrer Nase ist ohrenbetäubend, und viele sitzen direkt auf der Ebene der Abgase. Man kann die Krankheiten sich förmlich einschleichen sehen. Als ich aus der Tür kam, habe ich Mohan gesehen, einen alten Freund, mit dem ich mich einst für das Leben der Kühe eingesetzt habe, als die Maul-und Klauenseuche ausgebrochen war und niemand mehr interessiert war an sterbenden, nicht mehr so heiligen Kühen. Er erzählte mir, dass allein in diesem Jahr 14 meist junge Menschen an Herzinfarkt gestorben sind. So auch seine Tante, 45 Jahre alt. Er war vor allem besorgt um seinen Onkel, der nun allein lebt. Wer würde ihm, fragte er tief bedrückt, nun seine Medizin reichen!? Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wo sie steht. Mir war letztes Jahr schon aufgefallen, dass der Herzinfarkt umgeht. Und wer will schon Klagen über die innere Trübnis hören, wenn alle gleichermaßen voll davon sind. Das gibt zu denken. Wie sie einst das „Mè“ abgelehnt haben, das Ich, und von sich als „Ham“ sprachen, als „Wir“. Keine schlechte Idee war das, das Ich in das Wir einzubinden, so wie man das mit dem Einsamen im Gemeinsamen auf Deutsch machen kann. Durch den Gesellschaftsruck ins mehr und mehr Habenwollen hinein ist nun das Ich an die vorderste Front gerückt. Man wünscht es den Indern nach tausenden von Jahren kollektiver Gutseinsbürde durchaus, mal selbst was zu kaufen und zu denken, aber gerade da fehlte eben die hohe Schulung, die reflektieren kann, was mit der erworbenen Freiheit nun wirklich zu tun ist? Auch freue ich mich für die Millionen von jungen Frauen, dass sie nun teure Smartphones haben und unendlich viele Selfies mit geschürzten Lippen und aufgerissenen Augen auf Instagram posten können. Und ja, das ist nicht alles, was sie tun und können, aber die Beschäftigung mit dem eigenen Abbild ist doch sehr vorherrschend, und dann müssen sie doch noch einen von der Familie gewählten oder akzeptierten Mann heiraten, dessen Blick auf das weibliche Wesen meist noch in den finsteren Korridoren der Urpsyche schlummert. Dieser Erfüllungszwang von allem, was von der Familie gewünscht wird, hat auch nichts mit einer freien Herzensgabe zu tun. Wenn ich diese Beobachtungen hier mache, weiß ich, dass der Geist davon überall umgeht. Ich bin heute früh noch einmal „drin“ geblieben, vielleicht weil ich noch nicht weiß, mit was ich hinausgehen will. Das „Helldunkel“ gefällt mir, weil ich das Helle vom Dunklen nicht wirklich trennen will, es ist ja genug Raum da für beides: das Dunkelhell und die Trauerfreude, das Untenoben usw. Das menschliche Herz kann das. Nur die Liebe macht hier wieder die Ausnahme. Sie lässt sich nicht zusammenfügen mit etwas anderem, weil sie es dann nicht mehr ist. Konsequent, wie sie ist. Radikal.

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