Spieldose

Erste Runde am See. Kein Zweifel, mein Blick ist nüchtern, aber nicht lieblos. Etwas dreht sich im Kreis wie eine Spieldose. Immer noch Erde, immer noch Himmel, immer noch Wasser, wenn auch aufgesaugt bis auf den letzten, natürlichen Tropfen, dann kommen die Rohre und die Gifte und die künstlichen Bäume. Alles schon da, und wer zum ersten Mal ankommt und schaut, ist überwältigt, kein Zweifel. Das wird noch lange dauern, bis die Sonne endgültig hinter der Verschmutzung und Verwüstung und dem klar Sichtbaren versinkt. Auch für uns mit dem leicht ermüdeten Blick ist es noch schön und die Aufregung legt sich da, wo man wirklich nichts mehr tun kann.  Schon verblüffend, wie sie, die einst hochgelobte Erde, nun von der vielversprechenden Fürsorge nicht mehr viel abbekommt. Erde: Hashtag Me Too. Doch der indische Raum hat immer noch diese Besonderheit, dass er offen ist nach allen Seiten für Begegnung. Gut, ich bin hier so sicher und geschützt wie ein Mensch irgendwo sein kann. Die vielen Jahre, einer Ewigkeit gleich, die sie mich haben herumwandern sehen. Auch meinen Ruf habe ich weit hinter mir gelassen. Heute früh habe ich mich daran erinnert, wie es oft auch zum Fürchten war unter ihnen, und wie ich meinen Geist oft nur über meinen (mir von ihnen gegebenen Namen) frei halten konnte vor ihrem Zugriff auf mein Sein. Auch wenn das Ende des Patriarchats auf dem Marktplatz verkündet werden würde, so wäre ihnen das Wort doch noch sehr fremd. In der „Times of India“, die ab heute wieder zu mir kommt, lese ich, dass gestern ein Bericht herauskam, der besagte, dass Kindervergewaltigungen letztes Jahr um 85% angestiegen sind, das heißt in Zahlen 19 920 Kindervergewaltigungen im Jahre 2016, ein kleiner Artikel irgendwo in der Mitte. Das kommt nicht wirklich an in den Herzen oder wie man den Ort nennen will, wo es ankommen muss, um dem Einhalt zu gebieten, was alle Grenzen verlassen hat. Irgendwann kam der große Wandel. Viel Neues wurde aus dem Sand gestampft. Einerseits wurde viel Geld gescheffelt, andrerseits mehrten sich die verstimmten Ausgest0ßenen, aus der Spieldose Geworfenen. Die wollen auch haben, was Andere haben, nur: was haben die Anderen? Wieviel Ausbeutung hält die eigene Welt aus? Das kann doch nicht gut gehen, wenn aus „dena“, geben, nur „lena“ wird, nehmen. Wenn man von sich selbst denkt, dass man gibt, aber wirklich nur nimmt, was man bedingungslos für sich selbst haben möchte. Auch könnte man denken, es gäbe eine Umkehr, ein Zurück, wenn rechtzeitig erfasst wird, was geschieht. Es wird aber nicht rechtzeitig erfasst, und im breiten Strom der unerfüllbaren Gelüste positionieren sich die Ichheiten an der vordersten Front. Gleichzeitig können tiefe Berührungen und tiefes Erschrecken Wachheiten in einem hervorrufen, die vorher nicht möglich waren, oder nicht so dringend notwendig. Schwer sackt die menschliche Bürde hin zum unsäglichen Grund. Was braucht diese Welt?

 


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