ankommen

Seit das erst kürzlich geborene (Tier)-Wesen in unserem Haushalt angekommen ist, vertieft sich mein Blick auf das Mysterium der Ankunft. Das Eine ist unterwegs sein, das Andere ist das Ankommen. Wo komme ich an, wie komme ich an. Wer ist da, wenn ich angekommen bin. In was komme ich hinein. Wer nimmt sich meiner an, wenn ich noch nicht wissen kann, wie das alles hier geht. Von wem werde ich es lernen können. Wer bemüht sich um mein Weiterkommen. Diese Fragen habe ich bei meiner geburtlichen Ankunft nicht, denn sie ist fraglos. Dennoch wirken sie und ihre Beantwortungen auf mein ganzes Leben. Ich schätze mich glücklich, gerade die Zeit zu haben, solch einer Ankunft nicht nur beizuwohnen, sondern auch an ihr beteiligt zu sein. Wie hinreißend zart und empfänglich doch das Wesen ist für Wohlbefinden. Und wie oft wird ein geborener Mensch herausgerissen aus diesem Zustand, der eigentlich aus Raum-und Zeitlosigkeit besteht. Man kann es an sich selbst beobachten und muss jetzt auch  das Geschehen nicht ausschließlich dem Muttertrieb/instinkt/gefühl zuordnen, obwohl es sicherlich viel davon hat. Aber was ist der mütterliche Aspekt (vor allem, wenn man das Wesen nicht monatelang in sich getragen hat)? Das Schöne ist doch das Entzücken, das in einem immer wieder auftaucht, wenn dieses Geschöpf mit den Augen signalisiert, dass es verstanden hat: man ist bereit, es zu hüten, zu ernähren, mit ihm zu spielen etc. So viel Lächeln! Das kann doch nur die Liebe!, so frei und arglos lächeln, wenn man selbst verstehen muss und kann, dass da etwas bei einem selbst angekommen ist, für das man andere Gewohnheiten und Arbeiten und geistige Unruhen loslässt, um sich zu widmen. Das braucht Zeit und Ruhe. Eine bestimmte Art (Kunst) von Muße, die dem Anderen gehört und deren Genuss von anderem Wesen als dem eigenen ausgelöst ist. Durch die Augen eines Geschöpfes, das gerade dabei ist, die Welt zu entdecken, sieht man selbst intensiver das Wunderbare, das immer da ist: der Wind in den Blättern, die Bedrohlichkeit der Schatten, die Intensität des Interesses an allem, was da ist. Die Sicherheit, dass bei allem Abenteuer des Erlebens das Ankommen immer uneingeschränkt gewährleistet ist. Ein Mensch kann an schlimmen Orten ankommen, ja. Wir schaudern, wenn unsere eigene Zartheit erwacht und wir aus eigener Erfahrung wissen, was von liebevollem Empfang alles abhängt. Das Leben selbst hängt davon ab. Von den Fragen, die spät beantwortet werden, da man Zeit braucht und Erfahrung, um zu wissen, um was es geht. Um was geht es? Konnte ich selbst bei einem anderen Menschen ankommen, und bin ich ein Ort, an dem ein andrer Mensch ankommen kann? Denn die äußeren Orte sind flüchtig. Gerade habe ich, einem Impuls folgend, (m)einem Cousin, der in Texas/Houston sein Leben erschaffen hat,  eine (seltene) Mail geschickt: dass ich jetzt, wo der Wirbelsturm durch Houston gefegt ist und weitere Wassermassen nach sich bringt, hoffe, dass sein Haus das alles aushält. Plötzlich kann äußeres Ankommen weg sein. Dann sind es nur innere Räume, die den ständig um uns wehenden Katastrophen Zuflucht bieten können  und wir erhalten Schutz und Ankunft in uns selbst und in anderen, die unsere Liebe geweckt haben. Das sind unauslöschbare Berührungen, unvernichtbare Verbindungen, grenzenloser Trost im Wagnis des Ungewissen. Ich hebe gern ab auf meinem Surfboard, kein Zweifel, aber ich bin auch gern eine Landebahn. Ein Ort im All, wo jemand ankommen kann, und ich nichts Wichtigeres zu tun habe, als da zu sein, wenn tiefe Verbundenheit möglich ist.

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