Streifen

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Wenn ich jedes Jahr ein paar Monate  in Indien verbringe, sehe ich keine Filme. In den Häusern, in denen ich mich bewege, haben die Flatscreens zwar zugenommen, aber keineswegs die Qualität des Produzierten. Gut, die Inder haben mir mehrfach erklärt, als das alles in ihr Leben kam, dass das doch nur Filme seien, dazu noch Bollywood Filme, wo man wirklich nicht unentwegt hinschauen muss, aber das unentwegte Hinschauen hat auch stark zugenommen. Da ich keineswegs bereit bin, mich auf diesen Sog einzulassen, habe ich nur zwei Optionen, entweder um Abschalten bitten, oder eben gehen, was nicht gerne gesehen wird. Die meisten Menschen mögen es, wenn man etwas mitmacht, und ich habe noch keinen indischen Menschen gehört, der zutiefst bedauert, dass es nun dieses Zusammensein ohne Fernsehen nicht mehr gibt. Alles verständlich, und manchmal auch goldig, wenn ich dort ein paar Kinder auf dem Boden zusammen kauern sehe, die sich zusammen einen Film auf dem Smartphone anschauen. Goldig? Klar ist auch, dass meine Freude, am lebendigen Alltag der Inder teilhaben zu können, sich nicht unbedingt mit der Freude an ihrem eigenen Alltag deckt. So sagen sie gerne, dass Filme die Bürde des Alltags erleichtern. Es wird ja auch enorm viel getanzt in ihren Filmen, was den Schrecken der gezeigten Gewalt nicht wirklich mildert. Aber so kommt es dann, dass nach meiner Rückkehr in den Westen erstmal keinerlei Bedürfnis nach Filmen in mir auftaucht. Wir haben natürlich auch eine Flatscreen, sie ist zwar im Gästezimmer, aber da sind natürlich noch die Computer, wo es dann immerhin die Möglichkeit gibt, selbst zu wählen, was und wann man was sehen will. Schon höre ich, dass ich auf dem Weg bin, die Aliensprache zu sprechen, oder den Beschränktheitslingo. So geht es mir allerdings auch, wenn ich per Mail aus Indien gefragt werde „How r u? Spart man dabei was? Und wenn, was? Man will ja auf solche Fragen gar keine Antworten geben, nicht mal sich selbst. Oder sagen müssen, dass man im Einst auf LSD die prächtige Kunst innerer Filmvorführung genießen konnte, die ja auch ohne chemische Unterstützung im Innern verfügbar ist. Die Dinge können einfach nicht verglichen werden. Zurück zu den Filmen. Dann habe ich natürlich dann mal einen Film sehen wollen und einen wunderbaren Film von Jim Jarmusch gesehen. (Night on earth) Wunderbar! Wenn die Kunst berühren kann und das Staunen hervorkommt aus einem, dankt man doch gern den zuständigen Meistern. Und es gibt in jedem Feld die großartigen und umwerfenden Überraschungen. Gestern abend z.B., als die Bruthitze am Nachlassen war, wollte ich noch so lange wie möglich am Abendfenster sitzen und den tiefbewölkten Himmel betrachten. Da kam mir der Gedanke, auch mal zu schauen, was so bei Arte läuft. Der gerade beginnende Film sah für meine Augen so langweilig aus, dass ich fast ausgemacht hätte und hätte nie gewusst, was für einen grandiosen Streifen ich hier versäumt hätte! Da bin ich dem Sog wirklich freiwillig erlegen. Der Geist, der hier tätig war, und die Ruhe, mit dem das „Drama“ sich entfalten konnte, hatte einen Reichtum, durch den ich mich beschenkt fühlte. Na ja, ich empfehle ihn ja offensichtlich jetzt. Er heißt „Höhere Gewalt“. Sehenswert!

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