War/Krieg

Letztes Jahr im November, als ich nach Indien flog, war der Krieg in Syrien auch schon jahrelang am Toben. Jetzt hat er noch an Schwung zugenommen. Das halbe Volk ist auf der Flucht. Immer war Krieg. Oder war mal überall keiner? Gibt es unermessliches, den Verstand sprengendes Leid, damit unser Mitgefühl aktiviert bleibt? Wir mitfühlen können!? Oder gibt es einfach immer wieder unermessliche Dummheit verdrossener und verbitterter oder machthungriger Geister, denen der Aufruf zur Waffe in jeglicher Form gerade recht kommt, um ihrem ihnen selbst unbedeutend vorkommenden Leben einen der vielen illusionären Heldentaten zuzufügen, von denen Geschichte voll ist? Am Wochenende saß ich in einem Saal vor vier Syrern und einer deutschen Moderatorin, die arabisch sprach, und wir hörten von schreibenden Menschen ihre Erfahrungen aus den Städten, die durch die Nachrichten und unsere Systeme geistern: Homs – Rakka – Damaskus. Wohl all denen, die Wege schon hatten oder durch das Grauen finden, um sich auszudrücken darüber, und wer das Translatierte lesen will, der lese. Es wird viele Bücher geben über den Krieg in Syrien, viele Berichte, endlose Dokumentationen. Es wird lange dauern wie in allen Kriegen, bis vieles an Geschehenem ans Tageslicht kommt und mit kollektiver Mühsal verdaut werden wird. Habe ich da auf dem Stuhl was gefühlt? Lieber mit Künstlern aus diesen Ländern sitzen. Man versteht sich auch ohne Worte. Aber Sprache muss sein, damit der eigene Ton und das Hören des Anderen vertieft werden kann – oder auch nicht. Arabisch, eine wunderbare Sprache. Syrisches Arabisch. Vertrautes Fremdland. Durch die Flucht sind viele zu uns gekommen. (Jabbar Abdullah zum Beispiel ist der Initiator und Veranstalter dieses Abends. Er hat auch angefangen zu schreiben und liest als Dritter am Mikrofon  in Arabisch, ein Schauspieler liest das Übersetzte. Er schildert seine Fahrt nach Rakka, den Abschied von seiner Mutter, die Angst an den Kontrollpunkten, da er mit dem Pass seines Bruders reist, alles geht gut, er sieht mit eigenen Augen das zerstörte Homs.) Andere sind Gefährder geworden, weitere werden schießen und erschossen werden. Wegen dem vielen Sterben und den Folterungen und den Vergewaltigungen, die „üblicherweise“ in solchen Situationen stattfinden,  fühlt man die Hemmung, einfach zu sagen – ja können diese Idioten vielleicht einfach mal ihr Scheiß-Spiel beenden undsoweiter, denn man weiß ja zutiefst, dass sie es nicht beenden werden, weil sie es nicht können und überhaupt ganz andere Ziele verfolgen als all das, was im Weltentaumel  so diskutiert wird mit der chronisch übermüdeten Einstellung, s e l b s t durch Meinungen einwirken zu wollen in Welt, andrerseits aber lieber zurückschreckt bzw in einem Publikum sitzt und sich immer wieder fragen darf, was man eigentlich selbst mit sich erfährt. Nein, keine Meinungsbildungsschwaden verfügbar. Ich danke.
Da fiel mir ein Video-Link ein, der mir neulich geschickt wurde. Das hat mich erreicht. Da ist er: der syrische Rapper Amer Wakka:

 


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