noch (essen)

Na bitte, schon ganz im Ausklang meines Erlebens wird mir ein bei mir auffallend fehlendes Thema zugespielt, und zwar durch den gestrigen Tag, wo „wir“ alle kalt gegessen haben: das Essen. Das berühmte indische Essen. Ich verbringe gerade zwei verborgene Tage (weil überall schon abgemeldet) bei Shivani, die Kochkurse gibt und Meisterköchin ist. Ihr Wesen giert nach Perfektion in jeder Hinsicht, und die Vorbereitungen für diese paar Dinge auf dem Teller links oben im Bild haben Stunden gedauert. Sie hat auch auf dem oberen Stockwerk drei, mit endlosen Kochkursen reichhaltig finanzierte Räume eingerichtet für KochkursteilnehmerInnen oder auch Menschen, die mal auf exzellenten Matratzen und seidig-blumigen Überzügen und elegant gestaltetem Badezimmer (und hervorragendem Welan) ein paar Tage verbringen möchten wie das junge Paar aus Bombay, das oben in einem der Zimmer wohnt, und beide angenehmst unterhaltsam und freien Geistes sind. Sie macht ihr PhD , und er kommt von einer so reichen Familie, erzählte er am Nachmittag, dass seine Eltern, selbst wenn sie keinen Finger mehr rühren würden, genug Geld hätten für alle Mitglieder des Clans bis zu ihrem seligen Ende. Die Eltern rühren aber immer noch Finger, sodass er sich entschieden hat, vor allem Geld für (s)ein Leben auszugeben, statt immer mehr anzuhäufen. Zum Glück gehen seine Interessen in eine gute Richtung, er leitet eine Dramaschule in Bombay, was, wie bekannt, nicht reich werden lässt, bzw noch reicher. Ja, mit ihnen haben wir den Shitala-Mata Essens- Vorbereitungs-Marathon gemeinsam genossen und sehr viel gelacht, auch über Shitala Mata, was erfrischend war. Auch die beiden wussten nur, was man da macht. Man isst eben kalt, und am ganz frühen Morgen macht man Puja. Ich weiß jetzt auch nicht mehr so genau, ob man sich wirklich kundtun muss, oder einfach den Tag mit kaltem Essen genießen, man sieht ja oben, dass viel Leckeres dabei ist. Alles ist speziell nur für diesen Tag zugeschneidert. Es gibt zwei Arten von Pakora, ein mit Kirchererbsenmehl und eins mit Linsen zubereitet, dann eine süße Yoghurtspeise mit schwimmenden Bällchen drin, dann Reispudding und Puris, die heute die Chapattis ersetzen. Und ja!, nur an dem Tag gibt es (oben im linken Bild das dunkelste Item): Wüstenblumengemüse, das teuerste Gemüse Indiens! Es fällt auf, dass ich kein Kochbuch schreiben könnte, bin dann aber doch erfreut, zwei so anregende Essensphotos gemacht haben zu können, bei denen ich dabei war. Wenn ich mal krank war in den letzten Jahren, hat Shivani ihren Servant mit Essen zu mir geschickt, danach war ich immer gut durchgeölt und kam wieder mühelos in Fahrt. Vor Indern verschweige ich oft, was ich gerne koche und esse, deswegen wird mir am Ufer von Brahmanen ab und zu mal Mehl geschenkt, weil Inder sich ein Leben ohne Chapattis nicht vorstellen können. Klar, sage ich, mache ich auch Chapattis, aber nicht wirklich. Das Mehl geht an Manju. Der Servant von Shivani hat in der Frühe die Essenssachen auf dem rechten Teller oben gebracht. Das sind die überall in den Häusern gekochten Teile, überall gleich gebacken und gleich schmeckend. Sie sind kaum gewürzt, denn es war ja Tag der Kühle. Ashok, Shivanis Mann, erzählt mir beim morgendlichen Kaltknabbern, dass seine Mutter die aufbewahrbaren Shitala-Mata- Essens-Sachen in solchen Ausmaßen hergestellt hat, dass die Familie davon noch drei Wochen hinterher essen musste oder vielleicht waren sie ja ganz glücklich darüber. Was mich jetzt so ein bisschen begeistert, ist die Tatsache, dass Inder ihre Rituale trotz aller Unkenntnis darüber so ernst nehmen, dass man davon ausgehen kann, gestern in keinem einzigen Haus ein Feuer vorzufinden. Was würden die Nachbarn sagen!, wenn man am brennenden Herd erwischt würde! Dann stelle ich mir persönlich vor: eine feuerlose Stadt. Vielleicht hier und da ein paar heimliche Teekochvorgänge, sonst: Stille. Keine Teigknetung, kein dreimaliges Auffahren von Gemüse. Die Frauen haben dann frei, heißt es. Doch wer isst das alles.!? Und Shivani erklärt mir, dass man dann Zeit hat, alles durchzuwaschen. Na bitte.


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