bestellen

Es ist bekannt, dass gut genährte Bürger:innen, von denen es eine ganze Menge gibt in unserer westlichen Gesellschaft, unter anderem unter Bestellsucht leiden, was wiederum nicht als Leiden eingestuft wird, denn alle sind sich einig, dass in den Schränken immer noch Platz ist für mehr, obwohl ‚mehr‘ meist mehr bedeutet als nötig. Doch was i s t nötig, wenn es doch schon lange nicht mehr um Not geht, und an einem gewissen Überfluss ist auch nichts auszusetzen, obwohl man genau weiß, dass es da gewisse Grenzen gibt. Auch gibt es den unaufdringlichen Vorschlag ‚Alles in Maßen‘ am zweiten Durchgangstor in Delphi. Warum wohl in Maßen? Je mehr es wird, desto mehr muss bewältigt werden, und wenn die geistigen Schleusen einmal geöffnet sind für das Begehrenswerte im Weltgewühle, dann fällt das Einhalten schwer, und je schwereloser man sich Bestellungen leisten kann, desto mehr lernt man das Gefühl des Habenkönnens. Alles haben können, alles bestellen können. Körperstarke, gehetzte Männer laden ab in den Häusern, was gewünscht wird. Bei uns kommen manchmal auch Pakete an, und neulich traf ich auf einen paketeschleppenden Sikh, der sich sein Leben sicherlich mal anders vorgestellt hat, aber hier ohne verständliches Deutsch Pakete austrägt. Für mich eine freudige Gelegenheit ‚Sat Shri Akal‘ zu sagen, ein Sikhgruß, auf die einzige für sie geltende Wahrheit hinweisend, aber er hatte keine Zeit für sowas, hin und her und hinunter musste er die Ware der Bleichgesichter schleppen, vielleicht war er einfach froh, einen Job zu haben. Auch ein Feld kann man bestellen, säet und erntet und vermehret euch, sagte einer der Herren, und bestellet die Felder, damit alle was zu essen haben. Dann gab es die esoterische Welle, als die dazugehörigen Pilger:innen vorschlugen, man sollte direkt vom Kosmos bestellen, was man dringend brauchte, und auch dabei gab es natürlich Glückspilze, denn wenn man ein reichhaltiges Füllhorn sucht, dann findet man vermutlich auch eines, es ist ja alles da. Wieviel davon ich für mich persönlich beanspruche, hängt von mir ab. Denn alles hat seinen Preis, das wird einem nicht immer klar, wenn es Zeit ist, die Rechnung zu begleichen, weil ich vielleicht zu meiner Freiheit zurückfinden möchte, die ich im Netzwerk der Wunscherfüllungsdienstleiter:innen gelassen habe. Oder auch nicht.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert