Sapere aude

Erst vor Kurzem hatte ich eine (für mich persönlich) Aufsehen erregende Erfahrung, als ich zum ersten Mal hörte, dass das englische Wort „enlightenment“ im Deutschen mit „Aufklärung“ übersetzt wird. Zum Glück spielte in meiner meditativen Ausbildung die Premium Gaukel Karotte „Erleuchtung“ (jedenfalls als Wort) keine Rolle. Allerdings hatten wir andere Begriffe für das, was hier als erreichbar (in uns) angesehen und gelehrt wurde.  Wenn es beruflich gut bezahlte Ego-Beobachter:innen gäbe, könnte sie um dieses eine Wort herum ganz sicher fündig werden, ja geradezu überwältigt werden vom angebotenen Research Material. Das Wort „Aufklärung“ bringt das ganze Gebilde doch auf eine Ebene, mit der man erst einmal nüchtern umgehen kann. Zum Beispiel, dass aufklären, also sich selbst etwas klar machen, auch ohne Kant verständlich werden kann. Natürlich kann man nicht behaupten, Kant hätte nicht den goldenen Nagel auf den richtigen Kopf getroffen. Also allein der Satz, dass „Aufklärung“ der Ausgang aus seiner (des Menschen) selbstverschuldeter Unmündigkeit“ ist, kann einen erschaudern lassen. Und „Unmündigkeit“, erläutert er weiter, ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern am Mangel des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe den Mut, dich deines eigenen Vertandes zu bedienen.“ Ahhh! Inneres Aufatmen, entspanntes Kichern in der Zellstruktur. Wohliges Danken, dass es Geister gab, deren Aufgabe es war, solche Sätze in die Welt zu tragen. Und ja!, wir lassen uns gerne anregen und begeistern und hören gerne zu, wenn ein anderer oder eine andere mitteilt, wie er oder sie es sieht, wenn sie oder er es denn selber sieht oder schon gedacht hat, nur vielleicht nicht ganz so meisterhaft. Diese Sätze bzw Gedanken kannten auch keine Grenzen. Die Dunkelziffer, wieviele Menschen dadurch berührt und begeistert wurden, ist hoch, das Meiste vom Wesentlichen geschieht ja zuerst im Inneren, bevor es Ausdruck erlangen kann. Nun müssen die Erkenner:innen solcher prägnanten Weisheiten nicht unbedingt, oder besser gar nicht, elitär sein. Sie sind nur meistens einsamkeitsgeprüft, wodurch sich dadurch interessanterweise das Leid mildern kann, aber nicht muss. Wenn ich den Mut besitze, mich meines eigenen Verstandes zu bedienen, verlasse ich den Bann, der persönliche Geschichte und Gesellschaft und Kultur auf mich ausüben kann. Dann bin ich allein, ja, aber auch frei, die Verantwortung, die meine ist, wahrzunehmen, und ernst zu nehmen. Das mag erst einmal wie wenig aussehen, but who knows, vielleicht ist es ja eine ganze Menge, oder ich bin es gar selbst, die dabei herauskommt.

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