(Babasaheb) Ambedkar

Die indische Flagge des Nachbarn an einem dunstigen und windigen Tag
Dass ich trotz Einschränkung meines linken, gegipsten Unterarmes ausgerechnet am „Republic Day“ einem Schreibimpuls nachgehe, liegt daran, dass ich heute früh an Dr.Ambedkar dachte, der maßgeblich an der Ausarneitung der indischen Verfassung beteiligt war, die heute gefeiert wird  mit pompösem Zirkus, und vor allem mit Waffen. Stolz wurde verkündigt, dass dieses Jahr bei der stinklangweiligen Show ausschließlich in Indien produzierte Waffen gezeigt werden. Man sieht Ambedkars Asche erzittern. Er war geboren als ein „Dalit“, als ein Unberührbarer (auch Harijan genannt), der nur zur Schule durfte, weil  sein Vater bei der Armee war. In der Schule musste er hinten allein auf einem Tuch sitzen und durfte (auch) den Wasserhahn nicht anfassen, weil er als unrein galt, was bis heute z.B. daran zu erkennen ist, dass Dalitfrauen als Freiwild gelten, und viel zu träge bewegen sich die Veränderungen. Ambedkars Intelligenz wurde von einem Mann erkannt, der ihm mit geringer Buchstabenveränderung zu einem Brahmanen-Namen verhalf und damit den Weg zu ungehinderter Entwicklung freilegte. Ambedkar setzte sich unermüdlich für die Rechte der unteren Kasten ein, befreite sich selbst aber letztendlich von dem unerbittlichen System, indem er den Hinduismus verließ und (1956) zum Buddhismus wechselte. Hunderttausende Dalits folgten ihm, ein Grund dafür, dass der in Indien schon fast versiegte Buddhismus neuen Aufschwung erhielt. Das buddhistische Rad (dharmacakra) auf der indischen Flagge  soll auch von einer Anregung Ambedkars stammen, und das „Löwenkapitell“ des buddhistischen Kaisers Ashoka wurde zum Staatswappen der indischen Republik erhoben. Warum zittert die Asche Ambedkars? Weil nicht viel pasiert ist, nein, viel schlimmer: etwas vom Dunkelblut der Auserwählten ist in die falsche Richtung gegangen, und bewirkt dort die als Normalität empfundene Ausgrenzung und den bewussten Missbrauch von Menschenleben. Ich selbst lebe im Haus von Brahmanen, die mir gegenüber keinerlei wahrnehmbare Kastenablehnung demonstrieren, ganz im Gegenteil. Als ich den Unfall hatte und ich mich wehrte gegen zu viel Hilfestellung, meinte die junge Frau des Hauses, das sei doch selbstverständlich, ich wäre doch ihre Mutter. Ich wiederum lege sehr viel Wert darauf, niemandes Mutter zu sein, oder sagen wir mal, ich ziehe die nackten Tatsachen vor. Und die sehen so aus, dass ich zwar dankbar das brahmanische Essen annehmen darf, aber würde ich selbst was kochen und ihnen bringen, würde es niemand im Haus auch nur anrühren. Auch das Geschirr, das ich mit dem Essen bekomme, wird drüben nicht gebraucht, es ist für Nicht-im-Haus-Wohnende. Im Jahr 2020 wurde ich von der Familie eingeladen, Republic Day auf der riesigen Flatscreen ihres Fernsehers zu schauen, und bald saß ich da allein im kalten Wohnzimmer und wurde (kurz) erfasst von der ungläubigen Gier, immer mehr Display von Erbärmlichem zu sehen. Ich glaube, Jair Bolsonaro war damals der Ehrengast bei Narendra Modi, dem aufgestiegenen Sohn des Chaishopbesitzers aus Gujarat. So sind wir alle Zeugen und Zeuginnen des hellen und des dunklen Wahns. Draußen donnern die Trommeln. Ich habe mich an den Vater der Verfassung erinnert als ein ehrenwertes, menschliches Beispiel.

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