Patang (Drachen)

Das Bild habe ich gemacht, weil der See zur Abwechslung mal mit Papierdrachen bedeckt ist (auch wenn man sie nicht sieht). Am Samstag war Sankranti, ein Drachenfest, das den Frühling ankündigt, aber auch eine Unmenge von Notfällen wie gebrochene Schädel beim Herunterfallen von Balkonen, dann vor allem verletzte Vögel durch den Wirrwar von festen Schnüren in der Luft, und vor allem Verletzungen von den verbotenen chinesischen Manjhas verursacht, bei denen die Strings mit zermahlenem Glas versehen sind. Rechtzeitig habe ich die Flucht vor dem dazugehörigen Techno-Terror ergriffen und mich für den Tag bei Shivani eingenistet, wo es auch, wie in der ganzen Stadt, freie Pakora-Schenkungen gab. Auf jeden Fall hat an dem Tag keiner gehungert. Mir aber kamen die vielen Einlieferungen in die Krankenhäuser vor wie die harmlosere Variante zum Krieg, wo alle Beteiligten schon vorher wissen, dass unermessliches Leid geschehen wird und man sich einreden muss, man werde nicht betroffen sein. Dabei sind wir alle betroffen. Wo wird Lautstärke illegal, wo genügt e i n auf dem Motorrad vorne sitzendes, durch Fäden enthauptetes Kind, um etwas zu ändern, nur was und wo und wie. Deswegen war ich erfreut, durch einen flüchtigen Blick die Zeilen von Kushwint Singh (in meinem gestrigen Beitrag) entdeckt zu haben, denn sie sprechen gerade direkt zu mir. Bei Shivani hatte ich im Rahmen eines gemeinsamen Essens mit weiteren (Frauen) Gästen zum ersten Mal formulieren können, dass auch deswegen meine Zeit mit den Göttern vorbei ist (so unterhaltend ich sie immer noch finde), weil ich ganz klar sehe, dass wir uns in einer Zeit bewegen, in der wir die Verantwortung für uns und die anderen übernehmen müssen. Damit wir allein und miteinander lernen können, auf beste Art und Weise durch den Irrsinn zu navigieren. Was ist denn die beste Art und Weise, und warum kommt es einem manchmal einfach vor und manchmal unerreichbar. Mir leuchtete einmal ein, dass es erstrebenswert ist, weil möglich, das Einfache mit dem Besten zusammen zu bringen. Beides muss man offensichtlich für sich selbst mal durchdefinieren, das kann Arbeit sein: was ist einfach, und was ist  das Beste? Stephen Hawkins soll prohezeit haben, die Menschheit werde an der Dummheit zugrunde gehen. So weit bin ich noch nicht, verstehe aber die Wahrnehmung. Zum Glück wissen wir auch, dass die Katastrophen auch Gegenbewegungen hervorrufen. In ihnen liegt auf jeden Fall das Licht der Zukunft. Es kann ja gar nicht erlöschen.

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