gewachsen

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Es wird Jahre dauern, bis diese ganzen Erlebnisse und Erkenntnisse und Dramen und Tragödien, und ein bisschen Komödie ist ja trotzdem früher oder später wieder dabei, bis das alles wieder erinnert und dokumentiert wird, und durchdacht und verarbeitet auf viele, viele Arten und Weisen. Und jetzt schon schreibt sich Geschichte selbst, flexibel und dahinströmend, wie nur der Moment sein kann, in dem sie entsteht: auf allen Ebenen gleichzeitig, und ständig verändern sich Berührungen und Verbindungen und Teilnahmen, sodass s o, wie es (wirklich?) ist, gar nicht durch das einzelne Gehirn fassbar sein kann, aber dennoch es anregt, sich rechtzeitig aus den Wissenshaltergemeinschaften zu verabschieden und sich selbst zu fragen, wie man es sieht. Denn man sieht es ja, einerseits eingeschränkt durch die eigene Sichtweise, andrerseits gerade dadurch in der Lage, sich als Einzelwesen zu positionieren, was man ja in letzter Konsequenz ist, sogern man das zuweilen vermeiden würde. Die Zuwendung zu sich selbst also, um was es hier geht, und wie man auch durch sich selbst Geschichte wird, und sie gleichzeitig nichtig erscheinen mag und doch in jeder Hinsicht wirksam. Und klar wird man auf interessante Art durchgeschleust durch den Schulbetrieb, und  in einem selbst kann es Universitäten geben, zu deren Einlass man sich anmelden muss, um von sich selbst überprüft zu werden. Und wohl wahr, seit die Götter verblassen, ist es schwerer geworden. So, als könnten sie sagen; jetzt schaut mal, wie ihr so untereinander zurechtkommt, also ohne all unseren Himmelszirkus. Und was soll der Mensch denn können, so hineingeworfen in den Schicksalsschlund, wie er oder sie sich manchmal fühlt, und wer hilft einem da wieder heraus, und dann ist man es selber. Oder es hilft wirklich jemand, sodass auch ein andrer Mensch ein Licht werden kann, und das wiederum kann das Licht eines anderen entzünden undsoweiter. Hier geht es dann um das Hüten des Feuers, das ist ziemlich zeitaufwendig, wird aber als Reichtum erfahren. So kann man schon eines Tages durch die eigene, zutiefst persönliche Erfahrung wissen, dass das Hüten des Erworbenen und des Geschenkten eine angenehme Tätigkeit ist, und lange genug geht es um Schadensbegrenzung. Bei einer riesigen Katastrophe wirbelt erst einmal alles durcheinander, aber allmählich finden sich alte und neue Spieler bei ihren jeweiligen Stationen ein. Ein neues Kapitel wird geschrieben, obwohl es kein Drehbuch gibt. Es bleibt offen, als wer ich mich vorfinde. Ich selbst bin gespannt, wie es wohl weitergeht, fühle mich dem Ganzen aber gewachsen.

 

* Paul Klee (aus einer Zeitungsanzeige entnommen)

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