überraschend

Die beiden kontrastreichen Bilder dokumentieren zwei Überraschungen, die uns während einer kurzen Reise in einen anderen Landstrich Deutschlands begegneten, bzw. sich unterwegs manifestierten. Das eine war die aktuelle Sturmflut, vor der gewarnt wurde und wo man auch in den kurzen Ruhezuständen mit herumfliegender Materie rechnen sollte. Auf der Autobahn war der Verkehr derart karg, dass wir zeitweise das einzige Auto in Sicht waren. Immer noch etwas Nieseln, dann aber langsame Aufhellung und trockene Bodenfläche. Alles schaukelte sich wohlwollend in den Modus des Staunens ein. Es ist verblüffend, wie viele Sorgen sich mühelos produzieren lassen, die sich im Nachhinein als vollkommen unnötig herausstellen. Da weiß man dadurch schon eher, dass etwas bereits in uns Liegendes sich mit dem potentiellen Sorgenfeld verbunden hat und nun seine Wirkung entfalten möchte. Da schien bereits die Sonne mal zwischendurch, und der Wind ließ locker. Alles zu Erledigende hatte sich bestens umgesetzt und wir fuhren weiter zu Freunden, um dort zu übernachten. Sie haben ein sehr großes Aquarium, in dem ein paar exotische Exemplare ihr eingeschränktes Leben durchschwimmen. Man muss sich immer wieder einreden, dass sie ja nichts anderes kennen. So wie es als Pelzmäntel extra gezüchtete Tiere gibt, so gibt es eben Fische, die zur Unterhaltung und Freude des Menschen in gewissen Gefängnissen herumirren, so, als könnte sich noch irgendwas in der Genetik daran erinnern, dass es auch mal anders gedacht war, das gehört dann zu den Archiven des kollektiven Vergessens. Nun gut, ich bin in meinem Leben noch nicht oft vor einem Aquarium gesessen und hatte auch als Kind keinen Goldfisch im Glas (dafür einen Wellensittich und eine Schildkröte mit Migrationshintergrund). Während fünf der Exemplare in bunten, schillernden Farben leuchteten, hing ein einzelner Fisch regungslos in einer Ecke, abgewandt von den anderen. Wir hörten, dass er schon wochenlang hauptsächlich dort verharrte und offensichtlich sehr krank war. Man sprach von einem durchlöcherten Gewebe und nahm an, dass er bald sterben würde. Wir nahmen Anteil und sprachen mit ihm. Der Hausherr fühlte sich angeregt, den Fischen einen Namen zu geben, aber nur der Kranke erhielt einen und der Besitzer nannte ihn Blacky. Eigentlich war Blacky von Natur aus gar nicht schwarz, sondern von nahezu hellblauer Hautfarbe, wovon nichts mehr zu sehen war. Allerdings passierte mal wieder ein Wunder, was ja ziemlich häufig der Fall ist, ohne dass man gleich aufschreien muss, und Blacky fing an, in die Mitte des Bassins zu wedeln, und dort blieb er auch, solange wir da waren. Am nächsten Morgen sahen wir, dass sein Kopf angefangen hatte, sich wieder blau zu färben. Ich würde durchaus so weit gehen zu behaupten, dass er sich durch die extra Aufmerksamkeit angesprochen fühlte und einen Energieschub erlebte. Oder erfuhr nur ich durch die intensive Teilnahme an seinem Schicksal einen Energieschub? Auf jeden Fall war der Himmel bei der Rückfahrt strahlend blau, und die Wolke oben im Bild fiel mir auf, und die Sonne schien auf die immer noch leergefegten Straßen, weil vor dem nächsten Sturmtief bereits gewarnt wurde.

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