Festival

20161212_0948441

Es gibt diese Idee über die Inder, dass sie 356 Tage im Jahr etwas feiern, und es ist richtig, dass es auch hier, wo ich lebe, fast täglich irgendwo aufwendig trommelt und wummert, oder auf einmal Blumenteppiche auf den Straßen liegen, mal gelb für die Götter, mal rot für die aus dem Leben Entschwundenen. Dann ziehen auch mal Frauengruppen mit Krügen auf den Köpfen oder Tellern voller Ameisenfutter auf der Hand vorbei (wer Ameisen füttert, füttert eine Stadt!), oder in den von Brahmanen horoskopisch festgelegten Hochzeitsphasen reitet ein weißgekleiderter Prinz nach dem anderen auf weißem Pferd durchs Dorf, von ohrenbetäubendem Lärm begleitet – kurz: es ist tatsächlich oft was los. Früher, als es außer mir noch kaum Foreigners gab, sind wir bei Neumond und Vollmond immer in Gruppen irgendwo Schönes hin, um dort was Leckeres zu kochen  und Atma-(Seelen)-Sphäre zu erzeugen.

Aber zum jetzigen Wochenende: es war also Festival. Ein indischer und ein französischer Event-Meister hatten zusammengefunden und zwei Morgende und Abende solch interkulturellen Glanzes erschaffen, dass die Aufnahmebereitschaft und Herzerweiterung, durch begnadete Klänge und Gesänge produziert, zu Momenten der Transzendenz führten, die meines Erachtens vor allem durch Kunst möglich ist. Wie an einer echten Perlenkette reihte sich Wunder an Wunder, und man befand sich inmitten der unermesslichen Kraft des Schöpferischen, das in immer neuer Form die Freude am Lebendigen zelebrierte. Ungewöhlich und großartig waren auch die einzelnen Darbietungen von vier Sängerinnen aus verschiedenen Ländern, die allein auf der Bühne standen und sangen und Erfahrung der „Shakti“, der weibliche Kraft, zum Besten gaben. Auch war  nicht nur die grandiose Tribüne direkt am Wasser, sondern alle Ufer des Wassers waren belichtet und beleuchtet  und goldenes Licht huschte ab und zu über das Dorf, sodass die nicht Anwesenden auch Teil davon waren. Ja, das war schön, und ich weiß, dass Hunderte von Unsichtbaren daran mitgewirkt haben: die Straßen waren mit Sand bestreut und sauber gefegt.
Freunde von mir waren aus Delhi angereist, und die junge indische Frau, die ich „meine Tochter“ nenne,  kam aus ihrer naheliegenden Stadt. Dadurch wurde das ganz persönliche Hören, Sehen und Zusammensein nochmal erhöht und vertieft.

Als ich heute früh einen jungen Brahmanen fragte, ob er „dabei“ war, rief er mir (wie immer beschäftigt mit Pilgern), zu: “ Music is God!“ Music is God. Das will ich jetzt mal so stehen lassen.

***********************************************************************************************************************

Das Bild zeigt die indische Sängerin am Ende ihrer Performance.


Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert