durchkommen


Lupe auf Auge
Das sind Zeiten, ja was sind denn das für Zeiten. Oder gibt es nur die eine, in der wir uns fortbewegen und uns angewöhnt haben, sie das Leben zu nennen, unser Leben natürlich, obwohl wir uns auch viel mit anderen beschäftigen, den Leben von toten und lebendigen Personen. Häufig kann es einem auch leichter vorkommen, in andere Leben hineinzuschauen über Filme und Bücher etcetera, als in unser eigenes, wo wir als Hauptpersonen jederzeit damit umgehen müssen, dass wir selbst es sind, die in dieser Haut stecken und schauen müssen, wie wir zurecht kommen. Auch auf einem der düstersten Niemandszonen  der Weltpsyche bringen Menschen noch die Kraft auf, Unterkünfte aus Zweigen zu bauen, denn keiner will sterben, und keiner will verhungern. Es hilft nichts, darüber etwas zu sagen, man will nur nicht gänzlich verstummen im Angesicht des Unerträglichen. Wir haben uns ja auch etwas daran gewöhnt, dass uns vieles verständlich vorkommt, so, als könnte man es durch Zuschauen erfassen und dabei belassen. Da hat zugegebenerweise das kleine Virus einiges geleistet in der Darbietung der Zusammenhänge. Auch da hapert’s. Man (ich) hat sich (habe mich) endlich durchgerungen, einen Arzttermin zu machen, aber die Ärztin ist bis auf weiteres krank. Zwei Freunde, beide heiße Impfgegner, melden sich aus der Quarantäne. „Wir sind gesund“, tönt es aus dem freigeschalteten Telefon, und zum Glück sage ich nichts, denn ich habe gar keine Worte. Wann muss ein Mensch auch andere bedenken, und wann nicht. Wir leben in Zeiten, wo die schnellen Antworten derart platt herumfliegen, dass man die Gelegenheit ergreifen kann zu schauen, was man überhaupt beantworten kann und möchte, und was nicht. Auf jeden Fall achte ich zur Zeit darauf, dass ich samstags um 11 Uhr zum Einkaufen losfahre, um zumindest einen Teil von Satire de luxe mitzubekommen, von denen man natürlich auch nicht erwarten darf, dass sie uneingeschränkte Sahne bieten. Aber ich empfand Lachen schon häufig als eine gut funktionierende Medizin. Was einem auch nicht mehr so häufig auffällt ist, dass wir in einem Land leben, wo man schon sehr, sehr viel sagen kann, ohne gefoltert zu werden. Man kann zum Beispiel sagen, dass man Friedrich Merz partout an keiner Spitze sehen möchte, und wenn wir genug sind, dann klappt das auch hoffentlich nicht. Ach so, ich bin ja gar nicht in einer Partei, der Himmel behüte. So muss ich mich wie gewohnt um meine eigene Latte kümmern, auf der wenig moralische Geheimzeichen angebracht sind, nur einige Hinweise auf das, was unbedingt zu unterlassen ist. Auch wenn es manchmal gut tut, sich am richtigen Ort über etwas Empörendes auszulassen, wohl wissend, wie wenig man meist bewerkstelligen kann an Hilfreichem. Dem Virus gelingt es , neue Schockwellen in die Matrix zu senden. Ungern vergeudet man die kostbare Zeit mit Staunen über krass steigende Inzidenzen. Und genau wie in Indien wollen Regierungen dieses Jahr die rituellen Massenversammlungen – oder vergnügungen nicht mehr total einschränken, damit die Illusion des konstruierten Normals  sich wieder stabilisieren kann. Und die Jecken wollen natürlich nicht verzichten müssen auf all das Herumgehen als ein/e  Andere/r, obwohl, hallo Leute, der Prinz Covid hat und deshalb die ganze Königsfamilie vermutlich in Quarantäne sitzt und vielleicht gerne einen anderen Prinzen gehabt hätte, der eben kein Covid bekommt. Aber weltliche Herrscher sind bekanntlich nicht allmächtig, und auch sonst hören wir wenig Überzeugendes über Allmacht. Eher über bescheidene Schritte. Wie man gut durchkommt durch die Zeit, in der wir leben.

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